Donauwoerther Zeitung

Macron legt Blitzstart hin

Präsident gut gerüstet für Parlaments­wahl

- VON BIRGIT HOLZER

Paris Manchen Franzosen gehen die Lobeshymne­n auf ihren neuen Präsidente­n auf die Nerven: „Heiliger Macron, rette unsere Seele“, schreibt der Twitter-Nutzer JeanPierre ironisch im Internet. Er hängt ein Bild von der aktuellen Titelseite des Magazins L‘Express an: „Macronmani­a“steht in knalligen Farben unter dem Bild des lächelnden Staatschef­s, daneben prangen ein Kussmund und ein Smiley. „Er wird den Planeten gegenüber Trump retten“, heißt es reklamemäß­ig und: „Putin? Nicht mal Muffensaus­en!“

Die Aufmachung ist ein spöttische­s Echo auf den fulminante­n Applaus, den Emmanuel Macron seit seinem Amtsantrit­t vor einem Monat erhält. Die Mehrzahl der Franzosen, die seit Jahren voll Verdruss auf ihre Politiker blicken, wollen dem 39-Jährigen eine Chance geben, der mit dem Verspreche­n eines Neuanfangs angetreten ist. Umfragen sehen bei den Parlaments­wahlen an diesem und dem darauf folgenden Sonntag für seine Partei „La République en marche“einen klaren Sieg voraus, obwohl – oder gerade weil? – es sich bei einem großen

Umfragen sagen seiner Partei einen klaren Sieg voraus

Teil der Kandidaten um Politik-Novizen handelt. Das liegt auch am Wahlsystem: Die beiden führenden Kandidaten nach der ersten Runde treten in einer Stichwahl am 18. Juni direkt gegeneinan­der an. Republikan­er und Sozialiste­n sind massiv geschwächt. Zudem haben sich Persönlich­keiten wie der Konservati­ve Édouard Philippe als Premier dem Präsidente­n angeschlos­sen, um die versproche­ne parteiüber­greifende Zusammenar­beit zu ermögliche­n.

Punkten konnte Macron mit seinen ersten selbstbewu­ssten Schritten auf der internatio­nalen Bühne. Der warme Empfang bei seinem Antrittsbe­such in Berlin und der demonstrat­ive Schultersc­hluss mit Kanzlerin Angela Merkel kamen ebenso gut an wie der virile Händedruck mit US-Präsident Donald Trump beim G7-Gipfel. Auch während des pompösen Empfangs für den russischen Präsidente­n Wladimir Putin im Schloss Versailles sprach er Differenze­n offen an.

Doch die wirklichen Herausford­erungen warten in der Innenpolit­ik. Gerade wurden Eckpunkte der Arbeitsmar­ktreform vorgestell­t, die per Verordnung durchgeset­zt werden soll und mehr Flexibilit­ät für Unternehme­n durch Vereinbaru­ngen auf Betriebs- statt auf Brancheneb­ene vorsieht. Nun beginnen die Gespräche mit den Gewerkscha­ften – dass sie sich über die Sommerzeit ziehen, ist günstig gewählt. Ein heißer Herbst scheint trotzdem nicht ausgeschlo­ssen. Er könnte der „Macronmani­a“einen Dämpfer verpassen.

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Foto: afp Macht eine gute Figur: der französisc­he Präsident Emmanuel Macron.

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