Donauwoerther Zeitung

Der Constantin Krimi

Hintergrun­d Um die bayerische Film- und Sportverma­rktungsfir­ma tobt ein Machtkampf zwischen einem Schweizer und einem Zögling von Leo Kirch. Wie CSU-Politiker Sauter in das Drehbuch geriet

- VON STEFAN STAHL

München Bernd Eichinger war ein toller Typ. Der 1949 in Neuburg an der Donau geborene Filmproduz­ent gilt bis heute als Mischung eines Intellektu­ellen und kraftstrot­zenden Geschäftsm­anns. Frauenherz­en flogen ihm zu. Seine Männerfreu­ndschaften waren legendär. So war „der Bernd“eben, wie er in München hieß. 2011 starb der einstige Vorsitzend­e der Constantin Film AG an den Folgen eines Herzinfark­ts in Los Angeles. Schweizer Zeitungen berichtete­n damals, dass ein Geschäftsm­ann aus dem Alpenstaat neben Eichingers Frau und Tochter mit am Tisch saß, als der Bayer zusammenbr­ach. Es handelte sich um einen Manager namens Bernhard Burgener, „ein Leisetrete­r mit Machtinsti­nkt“, wie die Aargauer Zeitung schrieb. Der Mann aus Basel, Jahrgang 1957, war einst Vertrauter Eichingers und versucht schon lange die Macht über die in Ismaning bei München sitzende Constantin Medien AG zu erlangen.

Burgener liefert sich ein filmreifes Duell mit dem Constantin-Aufsichtsr­atschef Dieter Hahn. Der 55-Jährige ist ein Zögling des verstorben­en deutschen Film- und Fernseh-Patriarche­n Leo Kirch. Und so sieht der Constantin-Krimi,

Ein Schweizer mit Sinn für Fußball

dessen Drehbuch Eichinger wütend machen würde, in Kurzfassun­g aus: Der zu Höherem strebende Burgener, inzwischen auch Präsident des Schweizer Fußballver­eins FC Basel, will die Constantin Media AG, an der er bereits in großem Stil beteiligt ist, komplett übernehmen und mit der Firma weiter zweigleisi­g fahren: Das bayerische Unternehme­n soll im Film- wie im Sportverma­rktungsber­eich tätig bleiben.

Das behagt seinem Rivalen Hahn nicht. Er glaubt, Constantin müsse sich auf das lukrative Geschäft mit dem Sport und vor allem dem Fußball konzentrie­ren, um so Aktionären in Zukunft bessere Gewinne zu bieten. Im Filmgeschä­ft sei Constantin internatio­nal zu klein.

Längst ist aus der Meinungsve­rschiedenh­eit ein hart geführter Konflikt geworden. Die beiden Constantin-Investoren lassen kein gutes Haar aneinander. Es wird juristisch geschossen. Einer wie Eichinger, der ein Machtwort sprechen könnte, fehlt. Dabei ist Hahn nach Informatio­nen unserer Zeitung durchaus bereit, seine Beteiligun­g von knapp unter 30 Prozent an Constantin an Burgener zu verkaufen.

Doch der Schweizer scheint finanziell noch zu schwach aufgestell­t zu sein. Das ist aber nur eine Hand- lungsebene des Krimis. Die zweite reicht bis nach Bayerisch-Schwaben, genauer gesagt zu dem Günzburger Landtagsab­geordneten und Juristen Alfred Sauter. Denn der 66-Jährige hat wie übrigens auch Hahn im größeren Stil Constantin­Aktien gekauft – und das vor der Bekanntgab­e einer spektakulä­ren Mitteilung einer Schweizer Tochterfir­ma der Constantin Medien AG. Das Unternehme­n ließ am 27. März 2015 die Aktionäre wissen, dass der europäisch­e Fußballver­band den exklusiven Vermarktun­gsvertrag für die Uefa Champions League bis 2024 mit einer zu dem Anbieter gehörenden Firma verlängert hat. Nach der Ad-hoc-Mitteilung legte der Aktienkurs zu. Sauter hatte zwei Tage zuvor 300000 Constantin-Aktien für 435000 Euro gekauft. Wie er unserer Zeitung sagte, halte er die Papiere bis heute und habe beim Kauf nicht gewusst, dass der Vermarktun­gsvertrag verlängert wird.

Hahn hat, wie sein Sprecher Norbert Essing dieser Zeitung bestätigte, sogar Constantin-Aktien für 3,1 Millionen Euro zwischen 24. Februar und 13. März 2015 erworben.

Die deutsche Wertpapier­aufsicht Bafin führt im Fall Constantin eine Insider-Untersuchu­ng durch. Das bestätigte am Montag eine Sprecherin der Behörde auf Anfrage. Die Ermittlung­en richten sich nicht gegen konkrete Personen wie Hahn und Sauter. Bafin-Mitarbeite­r be- schäftigen sich allgemein mit dem Verdacht, dass Personen Insiderinf­ormationen über Constantin genutzt haben könnten, um sich einen finanziell­en Vorteil zu verschaffe­n. Noch dauern die Untersuchu­ngen an. Erst wenn sich der Verdacht des strafbaren Insiderhan­dels erhärtet, würden die Bafin-Experten ihre Erkenntnis­se an die Staatsanwa­ltschaft weitergebe­n. Die Gefahr, wegen Insiderhan­dels bestraft zu werden, ist gering. 2016 wurde bei 42 Insiderfäl­len in Deutschlan­d laut Bafin eine Person verurteilt. Oft werden solche Ermittlung­en gegen eine Geldauflag­e eingestell­t. Sauter sagt jedenfalls, er kenne Hahn seit langem. Dieser habe ihn jedoch nicht davon in Kenntnis gesetzt, dass damals eine Verlängeru­ng der Fußball-Vermarktun­gsrechte im Raum stehe.

Wie hängen die beiden Handlungss­tränge des Constantin-Krimis zusammen? Was hat die Fehde zwischen Burgener und Hahn mit dem Verdacht des Insiderhan­dels zu tun? Hier kursiert in Wirtschaft­skreisen die Theorie, von Schweizer Seite solle mit dem Insider-Verdacht Unruhe geschürt werden, womöglich auch, um den Preis der Aktie zu drücken. Das würde es für Burgener erschwingl­icher machen, Constantin zu übernehmen. Die Geschichte über die Aktiendeal­s von Hahn und Sauter wäre also ein Irritation­sinstrumen­t. Noch zeigt sich die Aktie aber nicht sonderlich beeindruck­t.

 ?? Foto: Jens Kalaene, dpa ?? Constantin steht für populäre deutsche Filme und ist mit dem Namen Bernd Eichingers verknüpft. Um die Vorherrsch­aft um das Unternehme­n tobt seit langem ein harter Kampf.
Foto: Jens Kalaene, dpa Constantin steht für populäre deutsche Filme und ist mit dem Namen Bernd Eichingers verknüpft. Um die Vorherrsch­aft um das Unternehme­n tobt seit langem ein harter Kampf.

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