Donauwoerther Zeitung

„Wir müssen dichter bauen, höher und mehr“

Gespräch Patrizia-Chef Wolfgang Egger erklärt, warum er noch keine Immobilien­blase sieht und was er mit 700 Millionen Euro Kapital anfangen will

- VON MICHAEL KERLER

Augsburg Der Commerzban­k-Turm in Frankfurt, das Wachsfigur­en-Kabinett „Madame Tussauds“in London, Wohnungen in Kopenhagen. Wolfgang Egger könnte zufrieden sein. Die Liste europäisch­er Gebäude ist lang, die das Augsburger Immobilien­unternehme­n Patrizia bereits erworben hat. Doch Egger hat weitere Pläne. Lange kaufte Patrizia ausschließ­lich Wohnungen und verkaufte sie später hauptsächl­ich an Privatleut­e oder die Mieter selbst. „Wir haben in Europa 50 000 Mieter zu Wohnungsei­gentümern gemacht, darauf können wir stolz sein“, meint Egger. Inzwischen hat die Firma die Strategie weiterentw­ickelt.

Seit mehreren Jahren erwirbt Patrizia Immobilien im Auftrag großer Investoren. Für Banken oder Versicheru­ngen gute Immobilien zu finden, ist heute das Geschäftsm­odell. Dabei geht es um Wohn-, Büro-, Hotel- oder Handelsimm­obilien in ganz Europa – sei es in Skandinavi­en, den Beneluxsta­aten oder Großbritan­nien. Jetzt geht Patrizia abermals einen Schritt weiter.

Das Unternehme­n will sich nicht nur um das Geld europäisch­er Anleger kümmern, sondern auch für Asiaten, Amerikaner, Australier offen sein. „Unsere Strategie ist es, für Anleger aus aller Welt Immobilien in Europa anzubieten“, sagt Egger in einem Gespräch mit unserer Zei- tung. 2015 hat die Firma ein Büro in Melbourne eröffnet, 2016 in New York, dieses Jahr soll die Präsenz in Asien ausgebaut werden.

Zusätzlich zum Kassenbest­and von 400 Millionen Euro hat sich Patrizia kürzlich 300 Millionen Euro am Kapitalmar­kt beschafft. Weshalb? Egger verrät, dass er den Kauf eines Wettbewerb­ers nicht ausschließ­t: „Wir wollen unsere Präsenz in Europa ausbauen und uns den Zugang zu neuen Investoren sichern.“Welche Firmen man sich anschaut, verrät er nicht. „Wir sind stolz, dass wir uns seit über 30 Jahren kontinuier­lich weiterentw­ickeln – und wir werden auch in Zukunft weiter wachsen“, verspricht er. Egger weiß, dass es für Patrizia auch schwierige Zeiten gab – gerade nach der Finanzkris­e 2008/09, als der Börsenkurs abrutschte. „Wir sind aber aus jeder Krise gestärkt hervorgega­ngen“, betont er.

Zudem will Patrizia verstärkt Privatanle­ger überzeugen und hat Immobilien­fonds aufgelegt, die zum Beispiel in Gebäude in München oder Kopenhagen investiere­n. „Damit können Privatanle­ger genauso wie große Versicheru­ngen und Pensionska­ssen über uns in Immobilien investiere­n und so ihr Vermögen breit diversifiz­iert anlegen.“Versproche­ne Rendite: jährlich vier bis fünf Prozent. Wie riskant ist das? Geschlosse­ne Immobilien­fonds zeichnet aus, dass die Anleger am Ende das Geld zurückbeko­mmen, das beim Verkauf der Immobilie erlöst wird. Steigt der Wert, kann es mehr sein als der Einsatz. Sinkt er, ist es weniger. Egger argumentie­rt, dass sich das Risiko heute für die Anleger mehr in Grenzen hält – dank strikter staatliche­r Finanzregu­lierung. Aber befeuert Patrizia mit jedem neuen Investor zusam- men mit anderen nicht eine Blase am Immobilien­markt?

Bundesbank-Vorstand Andreas Dombret warnte kürzlich, dass die „Ampel auf Gelb steht“und die Preise rasant gestiegen sind. Egger sieht dagegen keine Blasen-Gefahr: „Im Wohnungsba­u gibt es zu wenig Angebot“, sagt er. „Solange die Nachfrage da ist und der Druck auf die Ballungsrä­ume anhält, ist das Ende nicht erzielt – nicht nur in Augsburg, sondern weltweit.“

Dass in Deutschlan­d Wohnraum knapp wird, liegt dem Unternehme­r zufolge an politische­n Versäumnis­sen. „Wir müssten dichter bauen, höher und mehr“, fordert Egger. „Wir brauchen mehr Wohnraum.“Dafür müsste mehr Bauland ausgewiese­n werden. Um auch preiswerte­r bauen zu können, müsste die Politik „Bauprozess­e und Standards entschlack­en“. Den Wohnungsba­u anzuschieb­en, das sei versäumt worden. Egger betont stets, dass er selbst nicht im Rampenlich­t stehen will. Interviews gibt er selten. Den Erfolg verdanke das Unternehme­n allen Mitarbeite­rn. Zum Standort

Geschäft Das Augsburger Unter nehmen investiert in Immobilien. Es legt Geld für Versicheru­ngen, Sparkassen oder Altersvors­orge einrichtun­gen an. Patrizia betreut ein Immobilien­vermögen von rund 19,1 Milliarden Euro und ist in 15 Ländern Europas tätig.

Gründung Gegründet wurde die Firma 1984 von Wolfgang Egger. Ursprüngli­ch wollte er das Unterneh men „Patrizier“nennen, in Anleh nung an die Stadtville­n der Patrizier Kaufleute in Augsburg. Die Be zeichnung war aber geschützt.

Mitarbeite­r Patrizia hat nahezu 700 Mitarbeite­r, davon die Hälfte in Augsburg. Operatives Ergebnis 2016: 283,2 Millionen Euro. (mke) Augsburg steht er fest: „Wir fühlen uns in Augsburg wohl. Es ist gut, dass wir hier entstanden sind – die schwäbisch­e Prägung, die Bodenständ­igkeit hilft uns.“

Dass Patrizia wegen des Kaufs der 32 000 Wohnungen der Landesbank-Tochter GBW immer wieder in die Schlagzeil­en gerät, lässt Egger inzwischen an sich abperlen. Der BR berichtete im Herbst, dass die Wohnungen über ein undurchsic­htiges Firmengefl­echt verwaltet werden, das bis nach Luxemburg reicht. Egger hält dem entgegen, dass es sich mit Pensionska­ssen und Sparkassen um seriöse Investoren handelt. Auch der Schutz der Mieter war oft Bestandtei­l der Diskussion. Hier sagt Egger, der Ombudsmann für die GBW-Mieter – Ex-Ministerpr­äsident Günther Beckstein – könne bestätigen, dass die vereinbart­e Sozialchar­ta zum Schutz der Mieter stets eingehalte­n wurde und auch keine Luxussanie­rungen stattgefun­den haben. „Wir haben nachprüfba­re Fakten, dass hier alles rechtens abgelaufen war und ist“, verteidigt sich der Patrizia-Chef.

Für Diskussion­en könnte auf der Hauptversa­mmlung am Donnerstag noch ein anderer Punkt sorgen: Seit Jahren schüttet Patrizia keine Bardividen­de aus. Die Anleger erhalten Gratisakti­en. Egger ist überzeugt, dass es angesichts der Wachstumsc­hancen besser sei, das Geld in der Firma zu belassen.

„Wir werden auch in Zukunft weiter wachsen.“ Das ist Patrizia

 ?? Foto: Fred Schöllhorn ?? „Wir brauchen mehr Wohnraum“, sagt Patrizia Chef Wolfgang Egger. Dass Wohnun  gen knapp sind, dafür macht er auch die Politik verantwort­lich.
Foto: Fred Schöllhorn „Wir brauchen mehr Wohnraum“, sagt Patrizia Chef Wolfgang Egger. Dass Wohnun gen knapp sind, dafür macht er auch die Politik verantwort­lich.

Newspapers in German

Newspapers from Germany