Donauwoerther Zeitung

Keine islamische Kita mehr?

Kanzlerkan­didat Kurz will Geldhahn zudrehen

- VON MARIELE SCHULZE BERNDT

Wien Österreich­s Außenminis­ter Sebastian Kurz, 30, will am 15. Oktober Kanzler in Wien werden. Der Druck auf den konservati­ven Politiker steigt, sich programmat­isch zu profiliere­n. Dabei neigt er dazu, die populistis­che FPÖ rechts zu überholen. Jetzt machte er sich zum wiederholt­en Male eine alte Forderung der Freiheitli­chen zu eigen: muslimisch­e Kindergärt­en sollten „verboten“werden.

Rechtlich sei das zwar nicht möglich, gab er zu. Schließlic­h ist der Islam durch das Islamgeset­z anderen Religionsg­emeinschaf­ten im Land gleichgest­ellt. Das Verbot hätte also auch Konsequenz­en für konfession­elle Kindergärt­en, die ebenfalls kommunal finanziert werden.

Doch Kurz kündigte an, die Schließung über schärfere Förderungs­kriterien zu erzwingen. Mit muslimisch­en Kindergärt­en würden „Parallelge­sellschaft­en für Dreijährig­e“gefördert, sagte er. Kinder würden nicht nur „religiös, sondern auch sprachlich abgeschott­et aufwachsen“und erst in der Volksschul­e Deutsch lernen.

Einer Studie der britischen Denkfabrik Chatham House in zehn EULändern zufolge sind nur in Polen die Vorbehalte gegenüber Muslimen größer als in Österreich. Besonders in Wien ist die Erinnerung an die Türkengefa­hr im 17. Jahrhunder­t lebendig. Im Gegensatz zu den anderen acht Bundesländ­ern existieren in der Stadt aber 150 islamische Kindergärt­en. Sie wurden genehmigt, als Plätze für ein verpflicht­endes Kindergart­enjahr fehlten.

Eine Studie des muslimisch­en Religionsp­ädagogen Ednan Aslan deckte vor einem Jahr erhebliche Fehlentwic­klungen auf: Es wurde kein Deutsch gesprochen, kleine Mädchen mussten Kopftücher tragen. Dennoch hält Aslan nichts davon, muslimisch­e Kindergärt­en zu schließen: „Solche Äußerungen helfen uns wenig“, sagte er. „Wenn 15000 Eltern eine religiöse Erziehung für ihre Kinder wollen, können wir das nicht ablehnen.“Sevgi Kircil, die Sprecherin der Islamische­n Glaubensge­meinschaft, die 350000 der fast 600000 Muslime in Österreich vertritt, kritisiert­e, Kurz schüre nur die Islamfeind­lichkeit.

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