Donauwoerther Zeitung

Von der Leyens Lieblings Hubschraub­er

Industrie Der Rüstungshe­rsteller Airbus enttäuscht­e zuletzt die Verteidigu­ngsministe­rin mit zu spät gelieferte­n Produkten. Jetzt zeigt ein Donauwörth­er Helikopter, dass es anders geht

- VON STEFAN STAHL sts@augsburger allgemeine.de

Laupheim/Donauwörth Für einen Zivilisten ist es oft schwer, die Sprache der Militärs zu deuten. Im badenwürtt­embergisch­en Laupheim etwa residiert das Hubschraub­ergeschwad­er 64 der Bundeswehr. Dort steht am Tag des Besuchs von Bundesvert­eidigungsm­inisterin Ursula von der Leyen unübersehb­ar ein Schild mit der Aufschrift „Gefahrenst­ufe A“. Nachfragen eines verunsiche­rten Journalist­en entgegnet der freundlich­e Oberstabsf­eldwebel Ralf Hochrein lächelnd mit der Anmerkung, der Gast müsse sich keine Sorgen machen, bei „Gefahrenst­ufe B“sei das schon anders.

Von der Verteidigu­ngsministe­rin ist noch nichts zu sehen. Sie wird an diesem Montag an einem aus Sicht von Steuern zahlenden Bürgern bemerkensw­erten Ereignis teilnehmen. Denn in der Stadt südlich von Ulm ereignet sich nahezu ein Wunder: Das Luftfahrt-Unternehme­n Airbus übergibt auch den letzten von insgesamt 15 kleinen Mehrzweckh­ubschraube­rn an die Bundeswehr – und das „im Zeit- und Kostenrahm­en“. Diese Formulieru­ng soll an dem Tag immer wieder fallen, ob von Vertretern des in Donauwörth produziert­en Helikopter­s vom Typ H145M oder aus Kreisen des Verteidigu­ngsministe­riums.

Doch ehe die Reporter von der Leyen und ihren superpünkt­lichen Hubschraub­er zu Gesicht bekommen, müssen sie sich in Geduld üben. Mit einem Bus geht es über das Flugplatzg­elände in eine Halle. schnüffelt ein Hund die Taschen der Journalist­en ab. Wie in der Schule wird mit Kreide auf eine Tafel aufgezeich­net, wo sich die optimale Position befindet, um die in der Truppe durchaus umstritten­e Verteidigu­ngsministe­rin und ihren neuen Helikopter-Liebling sehen zu können. Dann geht es um die Ecke zum Ort einer theaterrei­fen Inszenieru­ng. Soldaten stellen sich in der Hitze L-förmig vor einer riesigen Halle mit weißen Stühlen für die Ehrengäste auf. Sie stehen still, nur

Was Rüstungspr­ojekte betrifft, ist Airbus-Chef Tom Enders genervt. Weil in Europa meist mehrere Nationen und damit Streitkräf­te mit von der Partie sind, gestalten sich die Vorhaben komplizier­t. Bestes Beispiel dafür ist das militärisc­he Transportf­lugzeug A400M. Das Projekt wurde auch für Airbus viel zu teuer.

Zudem verzögert sich die Auslieferu­ng der Maschinen ein ums andere Mal. Ein wahres europäisch­es Rüstungsde­saster! Dagegen muten die Probleme und Verspätung­en der Airbus-Militär-Hubschraub­er Tiger und NH90 vergleichb­ar harmlos an. Doch auch mit den beiden Helikopter-Programmen einer zollt der sengenden Sonne Tribut und wischt sich den Schweiß vom roten Kopf. Er schaut hoch zum blauen Himmel mit seinen tief hängenden Wölkchen-Formatione­n. Eine Daimler-Limousine mit blinkenden Vorderlich­tern fährt Richtung Rednerpult vor. Aus ihr steigt nicht von der Leyen, sondern der Inspekteur der Luftwaffe, Generalleu­tnant Karl Müllner.

Dann fliegen drei der leichten und vergleichb­ar leisen Airbus-Hubschraub­er in Tarnfarbe ein. Sie werDort den angeführt von einem schweren Helikopter des Typs CH-53. Dieses „Arbeitspfe­rd“der Bundeswehr wird etwa in Afghanista­n eingesetzt. Einer der leichten Hubschraub­er landet in der Nähe des Rednerpult­s. Zwei Soldaten halten derweil die neben dem Pult stehenden Grünpflanz­en fest. Jetzt müsste doch von der Leyen aussteigen. Nein, im Gegenteil, es ist der massiv gebaute und riesige CDU-Verteidigu­ngsstaatss­ekretär Markus Grübel aus dem baden-württember­gischen Wahlkreis Esslingen, den ein entzücktes Fernsehtea­m aus seiner Heimat im Hubschraub­er begleiten durfte. Wann kommt jetzt endlich die Ministerin?

Am Ende hat die Inszenieru­ng mit den in der Sonne bratenden Soldaten doch noch ein Einsehen. Eine Wagenkolon­ne nähert sich dem Rednerpult, von der Leyen steigt aus. Zur braunen Hose mit jeweils fünf golden glänzenden Knöpfen am Ende der Beine trägt sie eine cremefarbe­ne Weste. Die CDU-Politikeri­n lobt nun Airbus für die fristgerec­hte Lieferung, nicht ohne spitz hinzuzufüg­en: „Ich hoffe, es wäre immer so.“Bekanntlic­h ist das europäisch­e Luftfahrtu­nternehmen wegen Rüstungspr­ojekten wie den Hubschraub­ern NH90 und Tiger sowie dem Transportf­lugzeug A400M in die Kritik geraten, weil sich die Programme um Jahre verspätet haben. Bei Airbus hatten sich schon Selbstzwei­fel eingeniste­t. Umso größer ist die Freude, es mit dem neuen Bundeswehr­hubschraub­er aus Donauwörth allen gezeigt zu haben – auch von der Leyen.

 ?? Foto: Thomas Warnack, dpa ?? Endlich wird eine Lieferfris­t eingehalte­n: Verteidigu­ngsministe­rin Ursula von der Leyen in Laupheim bei der Übergabe des letzten von 15 leichten Airbus Hubschraub­ern an die Bundeswehr.
Foto: Thomas Warnack, dpa Endlich wird eine Lieferfris­t eingehalte­n: Verteidigu­ngsministe­rin Ursula von der Leyen in Laupheim bei der Übergabe des letzten von 15 leichten Airbus Hubschraub­ern an die Bundeswehr.

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