Mit Feuer zum furiosen Finale
Konzert In Leitheim gastierte das Aris Quartett. Es war eine kleine Sternstunde der Kammermusik
Kaisheim Leitheim Eine kleine Sternstunde der Kammermusik ereignete sich im Leitheimer Schloss am Sonntag. Grund dafür waren Mozart und Beethoven, vor allem aber einer begeistert aufgenommene Interpretation von Jörg Widmanns zeitgenössischem „Jagdquartett“. Das mehrfach preisgekrönte Aris Quartett setzte nicht nur die letztgenannte Komposition in einem Höchstmaß an Vitalität und eindringlicher Gestaltungskraft ins Leben.
Einstimmung ging es ins Geschehen mit Wolfgang Amadeus Mozarts Streichquartett d-moll KV 421: Das emotional, expressiv und zuweilen fast schroff angelegte Werk erreichte das Ohr mit markanter, zugleich elastischer Klarheit und mit einer in keinem Moment nachlassenden Spannung.
Von Beginn an musizierte das Aris Quartett in lebhafter Interaktion und mit viel Blickkontakt. Die tief versunkene, zuweilen schier gemeinschaftliche Konzentration war mit Händen zu greifen. Sie entwickelte eine Sogwirkung, die mitnahm ins Zentrum der Musik. Präzision und Empathie, punktgenaues Zusammenspiel und lebendiger Atem des Miteinanders ergänzten sich zu einer zutiefst beeindruckenden Darbietung und brachten die Kompositionen in hoch ernsthaftem Respekt in ihrer ganzen Substanz auf den Punkt. Eine durchweg konsequent musizierte Spielhaltung!
Gleich zwei Werke der Musikgeschichte zitiert Jörg Widmanns „Jagdquartett“: Das Thema ist Robert Schumanns „Papillons“entliehen, Elemente der rhythmischen Gestaltung dem ersten Satz von Ludwig van Beethovens 7. Symphonie. So zeigt sich, dass der im Juni ’73 in München geborene Komponist keineswegs in der Luft hängt oder den Bruch mit der Tradition sucht, im Gegenteil. Musikalisch durchaus folgerichtig ist, was das Jagdquartett beinhaltet. Das „Grimmige Scherzo“, wie Wid- mann selbst es nennt, schildert in lautmalerischem „Musiktheater“eine Jagd, die fröhlich beginnt und in dramatischem Blutrausch endet. Das musikalische Gleichnis einer Jägerfreundschaft, die sich wandelt von euphorischem Beginn zu tödlichem Misstrauen, malt die Naturnähe der Romantik ebenso aus wie menschliche Regung.
Durchsetzt mit bitterem Humor erzählt das Werk von Freude und Übermut, von Wut und Verschwörung, von Gewalt und Tod, Mobbing, Mord und dem grausamen Durst der Meute. Wie hier die Stimmen des Quartetts förmlich übereinander herfallen, das stellt höchste Ansprüche ans Zusammenspiel. Diese wurden vom Aris Quartett brillant gemeistert! Anna Katharina Wildermuth, Noemi Zipperling, Caspar Vinzens und Lukas Sieber brachten das schier entfesselte Werk in detailreicher klanglicher Nuancierung, farbenprächtiger Lebhaftigkeit und dramatischer Präsenz auf die Bühne.
In nämlicher Authentizität erentrückte stand dann auch Ludwig van Beethovens Streichquartett C-Dur op. 59 Nr. 3 aus dem Jahre 1806. Es wirkte wie eine nachträglich erläuternde Referenz, stellte es doch zu seiner Zeit, seinerseits auf Mozart zurückverweisend, auch eine deutlich erkennbare Neudefinition der Tradition dar.
In wiederum ausgezeichnetem Zusammenspiel brachte das Aris Quartett noch einmal alles Feuer, alle Bewegung, Emotionalität, Energie und Rage mit, die Beethoven bis hin zum furiosen Finale in sein Quartett hineingeschrieben hat. Ein mitreißender Sonntagvormittag in Leitheim.