Erosion des Rechtsstaats
Deutschland ist ein Rechtsstaat. Doch er muss mit Inhalt gefüllt werden. Ohne funktionierende Polizei und Justiz verkommt er zur bloßen Hülle ohne Substanz.
Vor diesem Hintergrund darf der Appell der Gewerkschaft der Polizei und des Deutschen Richterbundes nicht als das übliche Klagelied von Interessenverbänden abgetan werden, sondern als ein Weckruf, bevor es zu spät ist. Schon jetzt ist die Personalmisere bei Polizei und Justiz groß, die jahrelangen Sparrunden des Bundes und der Länder haben ihre tiefen Spuren hinterlassen. Das untergräbt das Vertrauen in den Rechtsstaat und gefährdet die innere Sicherheit. Geradezu dramatisch aber ist der Blick in die Zukunft: Allein in den nächsten vier Jahren erreicht jeder fünfte Polizist die Altersgrenze, bis 2030 scheiden mehr als 40 Prozent der Richter und Staatsanwälte aus dem aktiven Dienst. Zwar hat es bei der Einstellung neuer Polizisten bereits eine Trendwende gegeben, doch die reicht noch immer nicht aus, um die tatsächlich bestehenden Defizite auszugleichen.
Die Erkenntnis ist banal, wird aber gerne verdrängt: Die Sicherheit wird nicht dadurch verbessert, indem man ständig die Gesetze verschärft – sondern indem man die Polizei und die Justiz in die Lage versetzt, sie anzuwenden und umzusetzen. Die Zahlen liegen auf dem Tisch. Sie sind dramatisch. Höchste Zeit, dass gehandelt wird.