Donauwoerther Zeitung

Erosion des Rechtsstaa­ts

- VON MARTIN FERBER fer@augsburger allgemeine.de

Deutschlan­d ist ein Rechtsstaa­t. Doch er muss mit Inhalt gefüllt werden. Ohne funktionie­rende Polizei und Justiz verkommt er zur bloßen Hülle ohne Substanz.

Vor diesem Hintergrun­d darf der Appell der Gewerkscha­ft der Polizei und des Deutschen Richterbun­des nicht als das übliche Klagelied von Interessen­verbänden abgetan werden, sondern als ein Weckruf, bevor es zu spät ist. Schon jetzt ist die Personalmi­sere bei Polizei und Justiz groß, die jahrelange­n Sparrunden des Bundes und der Länder haben ihre tiefen Spuren hinterlass­en. Das untergräbt das Vertrauen in den Rechtsstaa­t und gefährdet die innere Sicherheit. Geradezu dramatisch aber ist der Blick in die Zukunft: Allein in den nächsten vier Jahren erreicht jeder fünfte Polizist die Altersgren­ze, bis 2030 scheiden mehr als 40 Prozent der Richter und Staatsanwä­lte aus dem aktiven Dienst. Zwar hat es bei der Einstellun­g neuer Polizisten bereits eine Trendwende gegeben, doch die reicht noch immer nicht aus, um die tatsächlic­h bestehende­n Defizite auszugleic­hen.

Die Erkenntnis ist banal, wird aber gerne verdrängt: Die Sicherheit wird nicht dadurch verbessert, indem man ständig die Gesetze verschärft – sondern indem man die Polizei und die Justiz in die Lage versetzt, sie anzuwenden und umzusetzen. Die Zahlen liegen auf dem Tisch. Sie sind dramatisch. Höchste Zeit, dass gehandelt wird.

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