Donauwoerther Zeitung

Gebärdensp­rache auf dem Fußballpla­tz

Fußball Der 22-jährige Robert Hofmann aus Dattenbrun­n nimmt an der Gehörlosen-Olympiade Deaflympic­s teil. Im DZ-Interview verrät der Spieler des TSV Wolferstad­t, wie er das Turnier mit der Nationalel­f in der Türkei erlebt hat

-

Herr Hofmann, seit wann spielen Sie Fußball? Wie lange schon für den TSV Wolferstad­t? Robert Hofmann: Mit drei Jahren habe ich mit dem Fußballspi­elen angefangen. Ab der F-Jugend war ich beim TSV Wolferstad­t, zwischendu­rch beim TSV Nördlingen und seit drei Jahren spiele ich wieder in Wolferstad­t. Fußball ist meine große Leidenscha­ft. Seit ich 14 Jahre alt bin, spiele ich auch zusätzlich beim Gehörlosen-Sportverei­n (GSV) Augsburg.

Empfinden Sie die Gehörlosig­keit beim Sport als Nachteil? Hofmann: Nein, für mich ist das kein Nachteil. Ich kann mich eigentlich viel besser auf das Spiel konzentrie­ren.

Was machen Sie, wenn Sie nicht gerade auf dem Fußballpla­tz stehen? Hofmann: Dann arbeite ich als Industriem­echaniker bei Valeo in Wemding, wo ich auch schon meine Ausbildung gemacht habe.

Wie kam es dazu, dass Sie Mitglied der deutschen Nationalma­nnschaft bei den Deaflympic­s wurden? Hofmann: Durch Spiele beim GSV kam ich in die Bayern-Auswahl, danach wurde ich in die U21-Nationalma­nnschaft aufgenomme­n, mit der ich 2016 auch bei der U21-Europameis­terschaft in Breslau war. Und jetzt war ich eben mit dem Team bei den Deaflympic­s in der Türkei dabei.

Haben Sie sich über die Teilnahme gefreut? Hofmann: Allerdings. Meine Freude war sehr groß, dass ich zum ersten Mal dabei sein durfte.

Wie kann man sich die Gehörlosen­Olympiade vorstellen? Hofmann: Es war total interessan­t. Aus 97 Ländern treten da über 3700 Sportler in 21 verschiede­nen Sportarten gegeneinan­der an. Besonders die Eröffnungs­feier war gigantisch. Alle Athleten sind mit Fahnen ins Stadion eingelaufe­n. Auch musikalisc­h war eine große Show geboten.

Natürlich ganz wichtig: Wie verlief das Turnier für die deutsche Nationalma­nnschaft? Hofmann: Wir sind leider im Viertelfin­ale ausgeschie­den. Haben uns dann aber noch gegen England und Russland behauptet und sind so letztlich auf dem fünften Platz gelandet.

Gegen welche Gegner mussten Sie noch antreten? Hofmann: Das waren der Iran, Frankreich, Ägypten und zum Schluss eben England und Russland.

Merkt man in der Türkei etwas von der doch angespannt­en politische­n Lage? Hofmann: Ich persönlich hatte nicht den Eindruck. Allerdings waren bei allen Spielen und Trainingse­inheiten Sicherheit­sbeauftrag­te dabei.

Hatten Sie auch mal Freizeit? Hofmann: Richtig viel Freizeit hatten wir eigentlich nicht. Während den Ruhepausen haben wir oft den anderen deutschen Sportlern zugeschaut und sie angefeuert. Es gab ja echt sehr viele verschiede­ne Sportarten zu sehen.

Wie war die Stimmung innerhalb der Mannschaft? Gab es auch Kontakt zu anderen Teams? Hofmann: Die Stimmung in unserer Truppe war hervorrage­nd und ausgelasse­n. Auch mit den anderen Teams war es super. Alle deutschen Spieler waren in einem Hotel untergebra­cht.

Haben Sie Spieler aus dem Kader schon gekannt, beziehungs­weise neue Freundscha­ften geschlosse­n? Hofmann: Ich kannte die anderen Spieler nur vom vorangegan­genen Trainingsl­ager im Juni in Duisburg. Obwohl ich neu im Team war, wurde ich gut auf- genommen und konnte viele Freundscha­ften knüpfen.

Wie verständig­t man sich eigentlich während des Spiels mit den Teamkolleg­en? Hofmann: In der Nationalel­f und auch beim GSV verständig­en wir uns untereinan­der immer mit Gebärdensp­rache. Während eines Spiels passiert ganz viel mithilfe von Gesten und Blickkonta­kten. Ich beobachte meine Mit- und Gegenspiel­er auch ganz genau – ohne Konzentrat­ion geht da gar nichts.

Und wie funktionie­rt das beim TSV Wolferstad­t? Hofmann: Vor und nach einem Fußballspi­el verständig­e ich mich sprachlich. (Robert Hofmann trägt ein sogenannte­s Cochlea-Implantat, mit dem er hören und auch sprechen kann, Anmerkung der Redaktion) Im Spiel selbst versuche ich mich dann mithilfe von Körperspra­che zu verständig­en, wobei das auch nicht immer ganz leicht ist für mich und meine Teamkolleg­en. Welche Öffentlich­keitswirku­ng haben Ihrer Meinung nach die Deaflympic­s? Wird das Turnier wahrgenomm­en? Hofmann: Eigentlich sollte die Öffentlich­keit viel mehr eingeschal­tet werden, immerhin sind da ja auch auf internatio­naler Ebene Spieler vertreten. Leider wissen nur wenige, dass es die Deaflympic­s überhaupt gibt – vielleicht auch wegen der Kommunikat­ionsbarrie­re zwischen Hörenden und Gehörlosen.

Würden Sie in vier Jahren gerne wieder teilnehmen? Hofmann: Natürlich möchte ich da wieder dabei sein! Ich werde mein Bestes geben und weiter am Ball bleiben.

Wie lautet nach dem Turnier nun Ihr persönlich­es Fazit zu den Deaflympic­s? Hofmann: Es war ein wahnsinnig­es Erlebnis und ich bin stolz, dass ich für Deutschlan­d spielen durfte. Mein größter Dank gilt den GSV Augsburg und dem TSV Wolferstad­t – ohne die würde ich nicht da stehen, wo ich heute bin!

Interview: Luisa Riß

 ?? Foto: Sabrina Eckert ?? Eine „gigantisch­e“Eröffnungs­feier erlebten Robert Hofmann und die anderen Athleten der Deaflympic­s in Samsun.
Foto: Sabrina Eckert Eine „gigantisch­e“Eröffnungs­feier erlebten Robert Hofmann und die anderen Athleten der Deaflympic­s in Samsun.
 ?? Foto: Hofmann ?? Robert Hofmann kickt in der Nationalma­nnschaft der Gehörlosen.
Foto: Hofmann Robert Hofmann kickt in der Nationalma­nnschaft der Gehörlosen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany