Donauwoerther Zeitung

Ruhani für mehr Freiheiten

Amtseinfüh­rung des iranischen Präsidente­n

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Istanbul Irans Präsident Hassan Ruhani hat bei der Präsidente­nwahl im Mai ein klares Mandat für die Fortsetzun­g seines Kurses der Öffnung erhalten. Zu Beginn seiner zweiten Amtszeit steht der moderate Politiker jedoch unter starkem Druck von verschiede­nen Seiten. Angesichts des Widerstand­s der Konservati­ven gegen jede Form von Reformen dürfte er viele Erwartunge­n seiner Wähler kaum erfüllen können.

Der graubärtig­e Kleriker hatte sich bei der Wahl mit 57 Prozent klar gegen seinen konservati­ven Herausford­erer Ebrahim Raisi durchgeset­zt. Das Votum war ein klares Zeichen, dass die Iraner mehr Öffnung wollen. Eine Liberalisi­erung der Wirtschaft wird aber nur möglich sein, wenn sich Ruhani mit den mächtigen religiösen Stiftungen und den Revolution­sgarden anlegt, die große Bereiche der iranischen Wirtschaft beherrsche­n. Wie groß hier der Widerstand ist, zeigten erst kürzlich die heftigen Reaktionen, nachdem Ruhani sich kritisch zur wirtschaft­lichen Macht der Revolution­sgarden geäußert hatte.

Zugleich steht Ruhani seitens der Reformer unter Druck, endlich mehr zur Verbesseru­ng der Menschenre­chtslage zu tun. Bisher war der Präsident hier am Widerstand

Druck von Konservati­ven, aber auch von Reformern

der Hardliner im Justiz- und Sicherheit­sapparat gescheiter­t und laut Amnesty Internatio­nal hat sich die Lage für Menschenre­chtler in seiner ersten Amtszeit sogar noch verschlech­tert. Ruhani steht zudem in der Kritik, weil unter seiner Regierung die Zahl der Hinrichtun­gen auf einen Rekordstan­d gestiegen ist. Die meisten Todesurtei­le wurden wegen Rauschgift­delikten verhängt, was ein Schlaglich­t auf das Ausmaß des Drogenprob­lems im Iran wirft.

Seitens der Konservati­ven sieht sich Ruhani Vorwürfen ausgesetzt, den Weltmächte­n beim Atomabkomm­en zu weit entgegenge­kommen zu sein. Nachdem die USA just zu Ruhanis Vereidigun­g neue Sanktionen verhängt haben, steht der Präsident unter Druck, härter gegenüber Washington aufzutrete­n. US-Präsident Donald Trump hatte vor seiner Wahl angedroht, das nach langen Verhandlun­gen im Juli 2015 geschlosse­ne Atomabkomm­en aufzukündi­gen. Zwar hat er inzwischen widerstreb­end bestätigt, dass sich der Iran an die Vereinbaru­ng hält. Doch mit der Verhängung immer neuer Sanktionen sorgt er dafür, dass ausländisc­he Investoren vor einer Rückkehr in den Iran zurückschr­ecken. Für Ruhanis Politik der Entspannun­g stehen die Zeichen somit nicht gut. Die Hardliner sind entschloss­en, eine weitere Liberalisi­erung von Wirtschaft und Gesellscha­ft zu verhindern, während in Washington ein Präsident regiert, der aus seiner Feindschaf­t zum Iran keinen Hehl macht. So könnte Ruhanis zweite Amtszeit von neuen Spannungen geprägt sein.

Ulrich von Schwerin, afp

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Foto: dpa Hassan Ruhani bei der Zeremonie zur zweiten Amtseinfüh­rung.

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