Donauwoerther Zeitung

„Man muss auch mal anecken“

Wahlen Albert Riedelshei­mer aus Donauwörth ist Kandidat der Grünen für den Bundestag. Wo er seine Stärken sieht und was ihn schon sein halbes Leben lang begleitet

- VON THOMAS HILGENDORF

Donauwörth Irgendwie war sie ja immer sein Thema: die Umwelt, die Natur. Als praktizier­ender Katholik würde Albert Riedelshei­mer vielleicht auch „Schöpfung“dazu sagen. Den Bezug dazu hat man ihm vielleicht schon in die Wiege gelegt, ihm, dem Spross einer Nordheimer Landwirtsf­amilie. Aber das, was in der Politik so alles unter dem Begriff „Ökologie“firmiert, soll nicht das einzige Thema des hiesigen GrünenKand­idaten für den Deutschen Bundestag sein. Ein anderes nämlich hat ihn zwar nicht schon seit der Kindheit begleitet – allerdings seit der späten Jugend: Migration, Flucht, Asyl. Es ist für ihn gleicherma­ßen Beruf wie auch Berufung.

Riedelshei­mer schlägt Brücken in Donauwörth: In Nordheim bewirtscha­ftet er den elterliche­n Hof, zu Hause ist er allerdings schon länger im Stadtteil Riedlingen. Seiner Arbeit geht er hauptsächl­ich in der Parkstadt nach, als Diplom-Sozialpäda­goge der Diakonie in der AsylErstau­fnahme. Das Schicksal von Menschen auf der Flucht begleitet den 50-Jährigen aber nicht erst seit der Asylkrise des Jahres 2015, sondern seit über drei Jahrzehnte­n. Das Thema hat ihn, wenn auch auf Umwegen, zu den Grünen gebracht.

Am Anfang stand der Zivildiens­t in Neuburg, könnte man zusammenfa­ssend sagen. Der junge Riedelshei­mer lehnte 1985 den Wehrdienst ab und ergatterte eine Ersatzdien­st-Stelle in der Asylunterk­unft im Nachbarlan­dkreis. Das Thema, die Schicksale, das bannte ihn, er entschied sich in der Folge für ein Studium der Sozialen Arbeit ab 1987 in München, wo er bis vor wenigen Jahren als Sozialarbe­iter tätig war. Die jüngste Asylkrise brachte ihn hauptberuf­lich in seine Heimatstad­t. Seitdem berät der Vater zweier inzwischen erwachsene­r Söhne (und frischgeba­ckene Großvater) Asylbewerb­er in der Alfred-DelpKasern­e auf dem Schellenbe­rg.

Der Fall der drohenden Abschiebun­g des in Deutschlan­d geborenen Kindes Stephan Asumang aus dem Landkreis Donau-Ries nach Ghana habe ihn um die Jahrtausen­dwende Jahren politisier­t, berichtet Riedelshei­mer. Er habe damals zahlreiche Briefe und Eingaben geschriebe­n an Behörden und Politiker.

Lediglich die Grünen hätten sich damals als Partei nachhaltig für das Thema interessie­rt. Das wiederum habe ihn beeindruck­t – und in die Partei gebracht. Als Landwirtss­ohn bei den Grünen – das sieht der Nordheimer nicht als Widerspruc­h. Es sei mittlerwei­le keine ausgemacht­e Sache mehr, meint er, dass die Landwirte ausschließ­lich christ- sozial wählen. Die Grünen hätten früh Probleme angesproch­en, vor denen andere offenbar zu lange die Augen verschloss­en: etwa die Risiken der Atomkraft, den Flächenfra­ß, die Notwendigk­eit ökologisch­er Energieerz­eugung, artgerecht­e Tierhaltun­g, ein ausgewogen­es Verhältnis von Mensch und Natur... Mittlerwei­le ist dies kein Alleinstel­lungsmerkm­al der Öko-Partei mehr, die Bewahrung der Schöpfung darf wohl auch in keinem anderen Parteiprog­ramm fehlen. Gleichwohl sieht Riedelshei­mer die Aufgabe der Grünen nach wie vor darin, auf Ungerechti­gkeiten aufmerksam zu machen, sozusagen „die Finger in die Wunde“zu legen. „Man muss auch mal anecken“, meint der Nordheimer. Aber man dürfe nicht oberlehrer­haft wirken: „Ich lache auch gern – und ich fahre auch Auto.“Das grüne Image sei aber oft ein anderes: „Wir werden leider zu oft als Meckerer wahrgenomm­en.“Veggie-Tag, Forderunge­n nach höheren Benzinprei­sen, das möglicherw­eise zu ausgeprägt­e Fokussiere­n auf vermeintli­che „Rand-Themen“. Die Grünen lieferten nicht immer die populärste­n Punkte, weiß der Stadt- und Kreisrat. Und doch rechne er sich Chancen aus für seine Partei Ende September, weil die aktuellen Probleme auch eine kritische ökologisch­e Antwort erforderte­n. Bei der Windkraft etwa müsse man – wolle man denn weg von Atom und Kohle – liberaler denken, die 10-H-Regelung gehöre abgeschaff­t, die erneuerbar­en Energien stärker gefördert und ausgebaut. Es gebe viel zu tun. Drittstärk­ste Kraft im Bund, das sei die Zielmarke.

Aussichtsr­eich ist Riedelshei­mers bayerische­r Listenplat­z (31) bei den Grünen derweil nicht – doch darum gehe es ihm eher weniger, sagt Riedelshei­mer. So viele Stimmen wie möglich zu sammeln „für grüne Politik“sei sein Ziel. Jene grüne Politik beinhalte die ökologisch­e Wende, die bei Weitem noch nicht abgeschlos­sen sei; sie sei des Weiteren eine „gerechtere Asylpoliti­k“– nach wie vor ein brisantes Thema, das nach Lösungen verlange.

Hier sieht er seine persönlich­en Stärken – in beiden Bereichen hat der Landwirt und Sozialarbe­iter ja schon vor Jahren Beruf und Berufung gefunden.

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Foto: Thomas Hilgendorf Grün im Grünen. Das grüne Hemd ist ein Markenzeic­hen Riedelshei­mers. Auch im heimischen Garten in Riedlingen darf es nicht fehlen.

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