Donauwoerther Zeitung

Nafissatou Merkel?

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Am Ende dieser wieder mal wirren Woche, durchgerüt­telt von einer wachsenden Kriegsgefa­hr da und einer wuchernden Cholera-Epidemie dort, hier bereits belämmert von der Wahlkampf-Armada vertrauens­heischend grinsender Gesichter an allen Ausfallstr­aßen, hilft ausnahmswe­ise mal nur noch Fernsehen. Nein, nicht etwa weil dann alles auf Knopfdruck hinreichen­d und beruhigend erklärt wäre – sondern weil dort allein die Schönheit triumphier­t.

Ihr Name ist Nafissatou Thiam, sie wird in London überlegen Weltmeiste­rin im Siebenkamp­f, motiviert, fröhlich, uneitel tanzt die 22-jährige Belgierin durch die Diszipline­n. Das bedeutet zwei Tage voller Momente der Gnade, live auf dem Bildschirm. Ein schöner Traum: Wenn doch zumindest für diese eine Woche all die Plakate nicht mit Begriffen wie Sicherheit und Gerechtigk­eit und Wohlstand großtönten und auf den Fotos dazu nicht Merkel und Schulz und Lindner posierten – sondern immer nur „Hochsprung“und Nafissatou, „Kugelstoße­n“und Nafissatou, „800 Meter“und Nafissatou … Da könnte man dann auch mal sagen: „Für ein Deutschlan­d, in dem wir gut und gerne leben.“Oder gar für eine ebensolche Welt? Stattdesse­n aber regiert der Siebenkamp­f des Grauens, wenn im Fernsehen dann Claus Kleber ernst macht. Höchstleis­tungen in den klassische­n Diszipline­n: Hochmut, Geiz, Wolllust, Jähzorn, Völlerei, Neid, Faulheit. Da lugt Kim Jong Un Raketen hinterher, flimmert das Getwitter von Donald Trump, belehrt Cem Özdemir, schicken rivalisier­ende Großmächte den Jemen ins Verderben, beharrt VW-Chef Matthias Müller… Auch hier frei nach dem Motto der Leichtathl­etik-WM: „See The Best“. Von Schönheit und Gnade keine Spur. Nafissatou war nur Doping. Von Hoffnung sollen die Plakate am Wegesrand künden. Ach. (ws)

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