Donauwoerther Zeitung

Was tun, wenn mein Kind für alles belohnt werden möchte?

Mütterfrag­en, auf die Expertinne­n des Alltags Antwort geben. Dieses Mal über Motivation und Höflichkei­t

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Wie geht das eigentlich mit dem Erziehen? Expertenti­pps gibt es viele, für diesen etwas anderen Ratgeber haben sich unsere Redakteuri­nnen Doris Wegner und Stefanie Wirsching aber ausschließ­lich an Mütter gewandt: 101 Fragen rund ums Thema Erziehung und 300 müttergete­stete Lösungen für den Alltag mit Kindern im Alter von drei bis zwölf.

Wir stellen in vier Folgen Auszüge aus dem Buch „Supermütte­r“vor.

Mein Kind möchte für alles belohnt werden

Bestechung von Politikern ist tabu, beim eigenen Kind sieht das anders aus. Für Rasenmähen gibt es fünfzig Cent, für zehnmal Kehren einen Schokorieg­el und wer mit dem Hund hinausgeht, darf bei der Eisdiele vorbeigehe­n. Irgendwann haben Sie damit angefangen und es funktionie­rt. Eigentlich möchte ich, dass mein Kind hilfsberei­t ist und die Aufgaben freiwillig übernimmt. Wie komme ich aus dem Belohnungs­system wieder heraus? Und wie gar nicht erst hinein?

Monika, Hausfrau, zwei Söhne (5 und 8), eine Tochter (10): Bei uns wird wenig belohnt. Ich kenne Familien, da gibt es für jedes Mal Flöte üben zehn Cent. Da wird man ja nicht mehr fertig mit Belohnen... Kinder müssen doch auch lernen, etwas für sich selbst zu tun. Ein klassische­s „gut gemacht“ist doch auch etwas wert. Für die Zeugnisse gibt es eine Belohnung von den Großeltern und bewusst nicht von uns. Schule ist schließlic­h Kinderjob. Für tolle Leistungen, wie etwa das Seepferdch­en, dürfen sie sich etwas wünschen. Manchmal gibt es bei uns Diskussion­en, warum andere für jede Kleinigkei­t belohnt werden, sie aber nicht. Da erkläre ich dann, dass es so etwas bei uns einfach nicht gibt! Das wird dann auch akzeptiert – ein wenig murrend.

Elisa, PR Agentin, eine Tochter (13) und ein Sohn (20): Unser Sohn ist quasi belohnungs­resistent – wenn er etwas nicht tun will, ist er auch mit Geld beispielsw­eise nicht zu locken. Sehr gelacht haben wir, als er uns mit zirka 14 erklärte, er glaube, wir hätten ihn gar nicht erzogen. Auf die Frage, wie er das meine, antwortete er: „Na, es gab bei uns nie Fernsehode­r Handyverbo­t oder Zimmerarre­st wie bei den anderen.“Geholfen hat er uns trotzdem – meistens… Vielleicht braucht man die positive Belohnung nicht, wenn es auch keine negative Belohnung in Form von Strafen gibt? Beides wirkt ja eigentlich nur, wenn es immer eine Steigerung gibt. Schon Grundschul­kinder verstehen es, wenn man sie um Hilfe bittet, weil man sie braucht.

Melanie, Rechtspfle­gerin, ein Sohn (7): Mein Sohn liebt Belohnunge­n und ich nütze das ehrlicherw­eise aus. Natürlich sind es immer nur Kleinigkei­ten, die er bekommt. Beim Schwimmunt­erricht etwa hat er sich schrecklic­h angestellt. Also gab es für jede absolviert­e Stunde bis zum Seepferdch­en ein kleines Figürchen oder so. Wenn er nicht in den Kindergart­en wollte, aber dennoch mit Murren geblieben ist, habe ich ihn auch belohnt. Also so gut wie täglich. Es gibt pädagogisc­h wertvoller­e Methoden, ich weiß. Aber ich musste einfach in die Arbeit.

Mein Kind soll jedem die Hand geben

So eine Party ist doch ein schönes Benimm-Training. So und jetzt immer schön die Hand geben... Ihr Kind mutiert auf der Stelle zum steifen Stock. Und immer in die Augen schauen... Sie sehen ihm an, wie es das hasst. So viele fremde Leute. Sie selbst können sich noch an das unsichere Gefühl im Bauch erinnern, das Sie selbst als Kind hatten, wenn Sie unbekannte Menschen begrüßen mussten. Muss ein Kind wirklich jedem die Hand schütteln, bevor es auf einer Feier zu den anderen Kindern abzischt? Ist es überhaupt noch zeitgemäß die Hand zu geben?

Alenka, Ärztin, eine Tochter (16), ei nen Sohn (16): Wenn du jemanden willkommen heißt, musst du ihm in die Augen schauen und die Hand geben. Das gehört einfach dazu. Und das muss man auch als Kind schon lernen. So wie „Bitte“und „Danke“sagen. Das sind ganz einfache, aber fürs Leben so wichtige Dinge. Ein Kind signalisie­rt durch den Handschlag, dass es den anderen wahrgenomm­en hat, wird selbst wahrgenomm­en und baut damit auch eine Beziehung auf. Und es zeigt ein gewisses Selbstbewu­sstsein: „Hier bin ich.“Wenn ich so begrüßt werde, bin ich schon einmal beeindruck­t. Da hat das Kind schon gewonnen…

Ines, Bankkauffr­au, ein Sohn (5), eine Tochter (9): Ist das noch zeitgemäß? Meine Kinder sind unwahrsche­inlich freundlich, sie grüßen alle von sich aus, die sie kennen - und sie geben auch die Hand, aber nur wenn sie ihnen ein Erwachsene­r hinstreckt. Das ist für mich okay. Ich würde niemals sagen, gib der Frau Soundso bitte die Hand... Tatsächlic­h frage ich mich, ob dieses Handgeben überhaupt noch zeitgemäß ist? In meiner Kindheit wurde die Nachbarin höflich gesiezt, jetzt duzt sich die ganze Straße. Die Gesellscha­ft hat sich verändert. Und im Winter kann ich sowieso sehr gut auf den Händedruck verzichten. Das Buch Doris Wegner, Stefanie Wir sching: Supermütte­r. Der etwas andere Ratgeber. 101 Erziehungs­fragen und end lich ehrliche Antworten aus der Mütter Trickkiste. 211 S., 14,95 Euro. Erhältlich bei allen Servicepar­t nern unserer Zeitung, im Onlineshop unter augs burger allgemeine.de/ shop sowie der Bestell hotline 0821/ 777 4444.

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Illustraio­n: Marion Kanert Regeln müssen sein, oder?
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