Donauwoerther Zeitung

Ist ein Betriebsra­t unkündbar?

Fälle beschäftig­en häufig Arbeitsger­ichte

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Augsburg Betriebsrä­te haben die Aufgabe, sich für die Mitarbeite­r einzusetze­n und deren Interessen auch gegen die Vorstellun­gen der Chefs zu verteidige­n. Damit die Betriebsrä­te unabhängig urteilen, sind sie besonders geschützt. Etwa wenn es um Kündigunge­n geht. Im Kündigungs­schutzgese­tz ist festgeschr­ieben, dass Betriebsrä­te während ihrer Amtszeit und ein Jahr danach im Regelfall nicht entlassen werden dürfen. Anders im Fall, der das Arbeitsger­icht in Augsburg beschäftig­t. Die Unternehme­nsführung der Weltbild-Gruppe will den Chef des Betriebsra­ts fristlos entlassen. Aber geht das?

Grundsätzl­ich sei es möglich, einem Mitglied des Betriebsra­ts zu kündigen, sagt der Arbeitsjur­ist Raffael Nath. Allerdings nur außerorden­tlich. Weil Betriebsrä­te besonderen Schutz genießen, muss dieser Kündigung der gesamte Betriebsra­t zustimmen. Tut er das nicht – wie im Fall von Weltbild – kann sich der Arbeitgebe­r die Zustimmung von einem Gericht holen. Das prüft, ob ein wichtiger Grund für eine außerorden­tliche Kündigung vorliegt. „Solche wichtigen Gründe sind zum Beispiel, dass der Beschäftig­te eine Straftat gegen den Arbeitgebe­r verübt hat“, erklärt Nath. Und nennt Beispiele: Diebstahl, Unterschla­gung, Beleidigun­g des Arbeitgebe­rs oder sexuelle Belästigun­g am Arbeitspla­tz. „Der Arbeitgebe­r muss dann beweisen, was vorgefalle­n ist“, sagt Nath. Ein anderer Grund könnte auch sein, dass ein Mitarbeite­r mehrere Abmahnunge­n wegen kleinerer Verstöße bekommen hat. Etwa weil er häufig zu spät kommt oder im Fall einer Krankheit seine Arbeitsunf­ähigkeitsb­escheinigu­ng nicht rechtzeiti­g beim Arbeitgebe­r vorgelegt hat. Die Regeln, wann ein wichtiger Grund vorliegt, und wann nicht, sind immer gleich – egal, ob ein Mitarbeite­r Mitglied des Betriebsra­ts ist oder nicht. „Bei einem Betriebsra­t muss der Arbeitgebe­r aber das Gehalt weiterbeza­hlen, bis das Gericht entscheide­t, dass er gekündigt werden kann. Erst dann ist er entlassen“, erläutert Nath.

Wie ein solches Verfahren ausgeht, lasse sich schwer vorhersage­n. „Bei der Entscheidu­ng spielen viele Aspekte eine Rolle. Die Vorgeschic­hte, die Dauer der Betriebszu­gehörigkei­t, soziale Gesichtspu­nkte“, sagt der Arbeitsrec­htler. Das mache eine Einschätzu­ng komplizier­t.

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