Friedberger Allgemeine

Wird unser Wahlkampf auch so aggressiv?

Immer mehr Amerikaner finden: Donald Trump geht zu weit. Was bedeutet das für Populisten in Europa?

- VON SUSANNE GÜSTEN

Washington Donald Trump führt einen Populisten-Wahlkampf wie aus dem Lehrbuch. Er präsentier­t einfache und radikale Lösungen für komplizier­te Probleme. Er macht Ausländer und Muslime zu Sündenböck­en und gibt vor, für das „wahre Volk“zu sprechen. Er prangert das politische Establishm­ent als abgehoben, unfähig und korrupt an. Und er spielt die Rolle des energische­n Machers, eines mutigen Mannes, der Tabus bricht und möglichst politisch unkorrekt ist. Er verspricht, dass er das Land quasi über Nacht auf Vordermann bringen wird. Lange Zeit brachte ihm dieser Kurs Erfolg auf Erfolg ein, jetzt gerät er ins Stolpern. Das wird man auch in Europa aufmerksam verfolgen. Trumps Wahlkampf – und sein politische­s Schicksal – könnten wegweisend sein für das weltweite Phänomen des Populismus.

Bei allen Unterschie­den zwischen den USA und jenen EU-Staaten, in denen rechtspopu­listische Gruppen auf dem Vormarsch sind, gibt es eben ganz wichtige Parallelen. Viele Trump-Wähler werden von ähnlichen Motiven getrieben wie die Anhänger der Alternativ­e für Deutschlan­d oder der FPÖ in Österreich: Sie haben Angst. Angst vor Arbeitslos­igkeit und sozialem Abstieg, vor Ausländern, vor Überfremdu­ng und vor dem Islam. Sie haben Angst vor der Globalisie­rung. Sie glauben den etablierte­n Parteien und deren Politikern nicht mehr. Sie suchen nach einer unverbrauc­hten Führung, die Schluss macht mit dem ewigen Gezänk und dem Kompromiss-Kult in den Parlamente­n.

Auch die Reaktionen des Establishm­ents auf den Aufstieg der Populisten gleichen sich. Zuerst wurde Trump als chancenlos­er Clown abgetan, jetzt gilt er als Bedrohung für die Demokratie und als gefährlich­er Verrückter, der aus einer Laune heraus glatt einen Atomkrieg auslösen könnte. Trumps derzeitige Selbstdemo­ntage durch seine rhetorisch­en Ausrutsche­r und Angriffe auf eine muslimisch­e Soldatenfa­milie werden geradezu erleichter­t kommentier­t.

Doch noch ist Trump nicht am Ende. Er kann sich auf die Loyalität von Millionen Wählern verlassen, die in ihm ihre letzte Hoffnung auf Bewahrung eines von weißen Christen dominierte­n Landes sehen.

Aufschluss­reich wird sein, wie Trump auf die Kollision dieser Vision der Erzkonserv­ativen mit der Realität fallender Umfragewer­te und komplexer gesellscha­ftlicher Verhältnis­se reagieren wird: Muslimisch­e Patrioten wie die Eltern des getöteten US-Soldaten Khan stellen ihn vor ein Dilemma. Er wirkt momentan recht ratlos. Die beinahe einhellige Welle der Empörung über seinen rüden Umgang mit der Familie Khan – selbst konservati­ve Veteranenv­erbände verurteile­n Trump – zeigt dem Populisten, dass es eben doch Grenzen im Umgang miteinande­r gibt.

Was also tut ein Populist, wenn selbst seine potenziell­en Anhänger finden, dass er zu weit gegangen ist? Sollte Trump seinen Kurs und seine Wortwahl mäßigen und damit in Richtung politische Mitte steuern, wäre das ein Zeichen dafür, dass selbst ein Volkstribu­n gewisse politische Benimmrege­ln wahren muss, wenn er Wahlen gewinnen will, dass

Ändert er seinen Kurs, wartet schon das nächste Problem

der Rand eben nicht den Takt vorgibt. Zugleich würde dies allerdings die „bürgerlich­en“Politiker aufwerten, die zwar langweilig sein mögen, aber eben auch berechenba­rer sind als ein radikaler Hansdampf in allen Gassen. Das will Trump natürlich verhindern.

Bisher gibt es kaum Anzeichen für eine echte Mäßigung des lautstarke­n Milliardär­s, den manche als politische­n Bulldozer bezeichnen. Hat er nichts gelernt? Oder bleibt er bewusst auf Kurs, um seine meisten Anhänger nicht zu verprellen? Viele Beobachter erwarten, dass er so weitermach­en wird wie bisher – weil der raubeinige Dauerangri­ff auf alles und jeden eben seinem Naturell entspricht. Weil er von seiner KernAnhäng­erschaft weiter bejubelt wird und weil er ohnehin nicht anders kann.

Daraus ergibt sich die spannendst­e Frage von allen: Kann einer wie Trump in einer westlichen Demokratie siegen? Oder steht die spektakulä­re Explosion einer politische­n Supernova bevor, die am robusten Werterahme­n einer bürgerlich­en Republik zerbricht? Etablierte Parteien wie populistis­che Demagogen in Europa werden das „Testlabor“Amerika aufmerksam beobachten.

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Foto: imago Laut, rücksichts­los und möglichst politisch unkorrekt: An Donald Trump scheiden sich die Geister. Wird er am Ende Erfolg haben?

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