Strampeln für den Bruder
Für den Allgäuer Philipp Buhl beginnt der Laser-Wettbewerb. Seine Schwester Angela soll ihm Glück bringen. Ihre Anreise dauerte eineinhalb Jahre und war 25000 Kilometer lang
Rio de Janeiro Am heutigen Montag beginnt für den Laser-Segler Philipp Buhl der olympische Ernstfall mit den ersten beiden Regatten. Eigentlich müsste für den aussichtsreichen Sportsoldaten aus Sonthofen mit Sommerarbeitsplatz in Kiel alles gut werden.
Denn ein Glücksbringer ist nach einem Marathon-Trip über eineinhalb Jahre rechtzeitig in Rio eingetroffen. Schwester Angela (34) hat die Anreise mit dem Fahrrad perfekt geplant, was bei einer Etappentour über 25 000 Kilometer und 200000 Höhenmeter geradezu eine Meisterleistung ist.
Im Dezember 2014 hatte die Architektin aus dem Allgäu beschlossen, eine besondere Herausforderung zu suchen. Die Beweggründe verrät sie auf ihrer Facebookseite
„Gewohnheit ist die Vorzimmerdame des Herrn Stillstand“, sagte sie. „Mit Überraschungen kann ich besser leben.“
Und überhaupt hat sie gerne Ziele, die länger als drei Stunden entfernt liegen. Deshalb lag es für sie nahe, den Trip zu Olympia auf ihre ganz eigene Weise zu organisieren. Die ständigen Begleiter waren das Rad, ein Saxophon und eine Kiste für das Gepäck.
Sie war überzeugt, dass der Weltklassesegler auch seinen Teil dazu beitragen würde, dass es in Rio zur Wiederbegegnung kommen wird. Mit zahlreichen internationalen Medaillen dekoriert ist Philipp die deutsche Nummer eins in seiner Bootsklasse. Er war auf dem sportli- chen Segeltörn, die Schwester an Land auf Dauertour. Manchmal in Begleitung, meistens aber allein. Vom heimatlichen Allgäu bis nach Israel. Dann folgten Indien und Amerika. Was dort in Kanada begann, endete jetzt in Brasilien.
Dazwischen lagen Grenzerfahrungen wie Passüberquerungen in 4000 Metern Höhe. Das InternetTagebuch liest sich wie ein Reiseroman mit dem Happy-End am 4. August. Angela Buhl fährt die Strandpromenade entlang und denkt an ihren kleinen Bruder. „Mein Mit-Motivator. Der wilde Vogel, der sich hier seinen Kíndheitstraum erfüllt.“
Seit einem Jahr hat Philipp seine Schwester nicht mehr persönlich getroffen. Ende der vergangenen Woche konnte er sie wieder in die Arme schließen. Vater Friedl und seine zweite Schwester waren auch dabei. Den beiden Damen hatte der Segler Karten für die Eröffnungsfeier besorgt, für ihn beginnt heute der Höhepunkt seiner Karriere.
Die schlechte Wasserqualität in der Guanabarabucht war auch am Wochenende noch einmal Thema bei einer Pressekonferenz im Deutschen Haus. Buhl sieht das gelassen („Ich bin bisher nicht krank geworden“) und kann dem Dauerthema sogar eine positive Seite abgewinnen. „Wenn das Wasser sauber wäre, hätte ich wahrscheinlich keine Einladung ins Aktuelle Sportstudio des erhalten.“
Viel mehr als die Diskussionen um die Keime im Meer beschäftigen den 26-Jährigen die Herausforderungen des Segelreviers. „Es ist das Schwierigste auf dem je gefahren bin“, sagt er nach einigen Testrennen. Mal zeigt es sich bei Flaute spiegelglatt „wie der Alpsee“(Buhl). Den Athleten können aber auch vier Meter hohe Wellen entgegenschlagen. Besonders tückisch ist die Strömung. „Sie kann bis zum 85 Meter in der Minute betragen, viermal mehr als gewöhnlich.“
Eine speziell entwickelte Software von SAP soll mit ihren Daten helfen die Bedingungen richtig einzuschätzen. Jedes Detail kann wichtig sein. Denn Segeln im Laser „heißt Kampf um Zentimeter bei jeder Welle“, sagt Buhl. Das schlägt sich auch in den Ergebnissen nieder. Es gibt zahlreiche Spezialisten, die auf allerhöchstem Niveau segeln.
Philipp hofft, dass ihm das in Brasilien gelingt. Seine Schwester Angela feuert ihn nach ihrer vollbrachten Tat an: Philipp, mach fertig!