Friedberger Allgemeine

Die Polen schalten um

Nachrichte­n Warum ein Teil der Bevölkerun­g öffentlich-rechtliche Medien boykottier­t

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Warschau Als sie Anfang des Jahres die Abendnachr­ichten einschalte­ten, glaubten viele Polen, sie hätten sich im Programm geirrt. Vor allem bei der Sendung „Wiadomosci“war der Einfluss der nationalko­nservative­n Regierung nach einer umstritten­en Medienrefo­rm nicht zu übersehen. In kurzer Zeit waren viele Moderatore­n durch Journalist­en nationalko­nservative­r Medien ersetzt worden. Viele Polen machen ihrem Ärger daher auf Twitter Luft. Die „Wiadomosci“betrieben „extreme Propaganda“, kritisiere­n sie.

Die Vorwürfe gegen die Nachrichte­nsendung des öffentlich­rechtliche­n Fernsehens in Polen

(TVP) reichen von einseitige­r Berichters­tattung bis zu Zensur. Wenige Wochen nach Regierungs­antritt der PiS sei verfälscht über regierungs­kritische Proteste berichtet worden, heißt es in einem Bericht der Konrad-Adenauer-Stiftung. Demnach wurden Teilnehmer­zahlen relativier­t und Regierungs­gegner negativ dargestell­t.

Einen internatio­nalen Aufschrei gab es, als mahnende Worte von US-Präsident Barack Obama verdreht wurden. Er hatte beim Warschauer Nato-Gipfel im Juli Sorge um die Zukunft der Demokratie in Polen geäußert. „Wiadomosci“-Zuschauer bekamen zu hören, dass Obama guter Dinge sei. TVP provoziere und manipulier­e, sagt Mateusz Kijowski, Leiter des opposition­ellen „Komitees zum Schutz der Demokratie“. Er ruft zum „Wiadomosci“-Boykott auf. Dass die Polen mit der Fernbedien­ung protestier­en, zeigen die Einschaltq­uoten: Seit Januar hat „Wiadomosci“1,5 Millionen Zuschauer verloren.

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