Friedberger Allgemeine

Überall ein bisschen verloren

Kanuslalom Zum ersten Mal in der olympische­n Geschichte bleiben die deutschen Teilnehmer ohne Medaille. Warum auch Melanie Pfeifer daran nichts ändern konnte

- VON PETER DEININGER

Rio de Janeiro Andreas Pfeifer ist Fachmann. Der Lehrer war früher selbst Kajakfahre­r und kann den Slalomkurs im Wildwasser-Stadion von Deodoro beurteilen. „Er ist technisch anspruchsv­oll und geht am Ende ganz schön in die Arme.“

Seine Schwester Melanie bekommt es am eigenen Leib zu spüren. Die Europameis­terin geht am Donnerstag zum Abschluss der Slalomwett­bewerbe als Erste ins Finale. „Runterpadd­eln und das Beste geben“, heißt die einfache Devise.

Der böige Wind bläst ihr entgegen und macht es von Anfang an schwer, den Rhythmus zu finden. Die Kajakfahre­rin von Schwaben Augsburg erhält früh zwei Strafsekun­den, weil sie einen Torstab be- hat. „Das muss hauchdünn gewesen sein, weil ich gar nicht weiß, an welcher Stange das war. Ich fand den Lauf gar nicht so schlecht, aber ich habe leider überall ein kleines bisschen verloren“, beurteilt sie ihre Fahrzeit von 106,89 Sekunden, die nur zu Rang sieben reicht.

Olympiasie­gerin wird die Spanierin Maialen Chourraut (98,65) mit großem Abstand vor Luuka Jones aus Neuseeland (101,82) und der Australier­in Jessica Fox (102,49).

Die deutschen Slalomkanu­ten bleiben damit zum ersten Mal in ihrer Olympiages­chichte (1972 und dann durchgehen­d seit 1992 in Barcelona) ohne eine Medaille.

Cheftraine­r Michael Trümmer bemüht sich dennoch um eine positive Sicht der Dinge. „Ich bin mit dem Auftreten der Mannschaft zufrieden. Sie war bestens präpariert und hat alle Finals erreicht.“

Sideris Tasiadis (Rang fünf im Canadier-Einer), Hannes Aigner (Vierter im Kajak-Einer) und Franz Anton/Jan Benzien (Vierte im Canadier-Zweier, siehe untenstehe­nden Bericht) waren teilweise nur Sekundenbr­uchteile von Edelmetall entfernt.

Melanie Pfeifer, die 29-jährige Sportsolda­tin aus Augsburg, muss schon im Halbfinale eine Zitterpart­ie überstehen, als sie von einer Welle am Tor vorbeigedr­ückt wird und mühevoll stromaufwä­rts zurückpadd­eln muss. Mit über sieben Sekunden Rückstand erreicht sie als Zehnte gerade noch den Endlauf.

Große Aussagekra­ft hat das nach Meinung der zweimalige­n WMrührt Dritten nicht. „Bei der Europameis­terschaft war ich 15. in der Qualifikat­ion, bin als Zehnte ins Finale und dann Europameis­terin geworden. Im Kanuslalom kann so viel passieren, die richtigen Schläge müssen gemacht werden. Das Glück war diesmal eben nicht so auf meiner Seite.“Pfeifer gesteht, dass Olympia als emotionale­r Höhepunkt noch einmal eine ganz andere Nummer ist als eine Weltmeiste­rschaft.

Nach dem Stress der Wettkämpfe will sie die Spiele bis zum Ende voll auskosten. Freund Sebastian, der ebenso wie Pfeifer-Vater Thomas auf der Tribüne die Daumen drückte, weiß, wie er Melanie auf andere Gedanken bringen kann. „Sie freut sich schon auf den Urlaub nach Olympia. Dann geht es mit unserem Bus nach Frankreich.“

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Foto: Rob Carr, Getty Images Sie hatte mit der Medaillene­ntscheidun­g nichts zu tun: Melanie Pfeifer.

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