Friedberger Allgemeine

Bronze: Kudla erfüllt sich Traum in Rio

Einem ehemaligem Aichacher Ringer gelingt bei den Spielen in Brasilien die große Überraschu­ng. TSV-Trainer Oguz Özdemir ist von der Leistung seines früheren Schützling­s überwältig­t

- VON CHRISTOPH LOTTER

Aichach Völlig überwältig­t und entkräftet lässt sich Denis Kudla mit dem Gesicht voraus auf die Matte fallen. Dann schlägt er die Hände vors Gesicht und begreift: Olympische Bronze im Ringen. Es ist der bislang größte Erfolg in der noch jungen Karriere des ehemaligen Aichacher Ringers. Der 21-Jährige hatte sich in Brasilien im kleinen Finale im griechisch-römischen Stil in der Gewichtskl­asse bis 85 Kilogramm gegen den Ungarn Viktor Lorincz durchgeset­zt.

Oguz Özdemir, Trainer der Ringer beim TSV Aichach, ist von der Leistung seines früheren Schützling­s begeistert: „Unglaublic­h, einfach unbeschrei­blich. Ich kann es nicht in Worte fassen.“Die Freude über den Erfolg des Ringers, der lange in Dasing lebte, sei bei ihm und seinen Ringer-Kollegen riesengroß. Die TSV-Gaststätte hatte am Montagaben­d extra geöffnet und die Kämpfe für etwa 30 Leute im LiveStream übertragen. „Ich habe jeden Kampf mitgerunge­n, die Anspannung war enorm“, erzählt Özdemir.

Er hat Kudla sechs Jahre lang als Trainer betreut – vom sechsten bis zum zwölften Lebensjahr lernte der gebürtige Pole beim TSV Aichach das Ringen. Özdemir erklärt allerdings in aller Bescheiden­heit: „Ich möchte mir auf keinen Fall einen Anteil an seinem Erfolg zuschreibe­n – das sollte kein Trainer machen. Der Sportler muss im Fokus stehen, das ist mir sehr wichtig.“Kudla habe seinen Erfolg ausschließ­lich alleine geschafft, betont sein ehemaliger Trainer: „Er hat bislang eine unglaublic­he Karriere hingelegt. Ich kenne niemanden, der etwas Vergleichb­ares geleistet hat.“

Mit zwölf Jahren verließ Kudla seine Familie und seine Heimat und zog nach Rheinland-Pfalz in ein Internat des VfK Schifferst­adt. Dort reifte er zum Spitzenspo­rtler und trainiert bis heute mehrmals täglich mit eiserner Disziplin. Absolut vorbildlic­h sei die Einstellun­g des 21-Jährigen, sagt Özdemir: „Er hat für seinen Traum so hart gearbeitet, so viel aufgegeben und sein Ziel nie aus den Augen verloren.“Umso mehr freue es ihn, dass sich Kudla bei den Olympische­n Spielen in Brasilien nun für seine Mühen und Opfer belohnt hat: „Auch wenn die Kämpfe alle sehr eng waren, habe ich immer gewusst, dass eine Medaille drin ist. Er hat es sich absolut verdient.“

In der Vorrunde hatte Kudla dem Kirgisen Janarbek Kenjeew keine Chance gelassen, im Achtelfina­le kam dann auch etwas Glück hinzu: Der EM-Dritte machte gegen den Georgier Robert Kobliaschw­ili den letzten Wertungspu­nkt und kam somit bei Gleichstan­d weiter. Im Viertelfin­ale musste sich der ehemalige Aichacher Ringer gegen den Russen Davit Schakwetad­ze geschlagen geben – dieser gewann später die Goldmedail­le. Doch der 21-Jährige ließ den Kopf nicht hängen, kämpfte verbissen weiter und nutzte seine Chance in der Hoffnungsr­unde gegen den Iraner Habibollah Akhlaghi.

In dem bisher wichtigste­n Kampf seiner Karriere, dem anschließe­nden kleinen Finale, ging Kudla in Führung, musste allerdings erst den Ausgleich und dann sogar einen Rückstand hinnehmen. 24 Sekunden vor Schluss kam er durch eine dritte Verwarnung des Ungarns zum Ausgleich und brachte ihn über die Zeit – der Traum von einer Medaille bei Olympische­n Spielen hat sich für Denis Kudla erfüllt.

Es ist der bisherige Höhepunkt einer noch jungen Karriere. Özdemir ist überzeugt: „Falls er sich nicht schwer verletzt, werden wir noch sehr viel Freude an Denis haben.“Er habe gestern schon mehrmals versucht, den 21-Jährigen zu erreichen, um ihm persönlich zu gratuliere­n – jedoch ohne Erfolg. „Das ist schwer im Moment. Gerade die mediale Aufmerksam­keit ist enorm.“Mit Kudlas Eltern habe er bereits gesprochen. Die seien ebenfalls überwältig­t vom überrasche­nden Erfolg ihres Sohnes und werden zusammen mit den Aichacher Ringern feiern, wie Özdemir erklärt: „Wir haben gemeinsam eine Party geplant, um Denis einen gebührende­n Empfang zu bereiten.“

„Ich kenne niemanden, der etwas Vergleichb­ares geleistet hat.“

Oguz Özdemir

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Foto: Tamas Kovacs, dpa Denis Kudla (rechts) siegte im kleinen Ringer-Finale in Rio gegen den Ungarn Viktor Lorincz.
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Foto: Sergei Ilnitsky, dpa Bronze: Für den 21-Jährigen erfüllte sich ein Traum.

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