Den Tränen folgt der Triumph
Timo Boll beißt im Spiel um Platz drei auf die Zähne und holt trotz einer Verletzung die entscheidenden Punkte zu Bronze. Es soll nicht die letzte Medaille für den 35-Jährigen sein
Rio de Janeiro In nur gut einer halben Stunde wandelte Timo Boll zwischen Mutlosigkeit und unbändiger Freude. Bevor der deutsche Tischtennis-Star bei Olympia in Rio de Janeiro seine Bronzemedaille in den Händen hielt, durchlebte der 35-Jährige ein emotionales Auf und Ab. Nach seiner frühen Nackenverletzung war er komplett am Boden, kämpfte sich aber durch, ließ sich fit spritzen und feierte dann erleichtert den 3:1-Sieg gegen Südkorea im Bronze-Match.
„Mir sind in der Verletzungspause schon Tränen gelaufen vor Verzweiflung, genauso dann auch vor Freude nach dem Spiel“, berichtete Boll später. Der 35-Jährige holte trotz der Verletzung die entscheidenden Punkte und war der Held im Tischtennis-Team. „Er hat sich durchgebissen, er hat richtig gut gespielt“, lobte Bundestrainer Jörg Roßkopf. „Durch seinen Kampfwillen hat er das Spiel gewonnen. Das zeichnet einen Mannschaftsspieler aus, das zeichnet einen großen Sportler aus.“
Beim 1:3 im Halbfinale gegen Japan war Boll einer der Schwachpunkte im deutschen Team gewesen, hatte sowohl sein Einzel als auch das Doppel verloren. Gegen Südkorea übernahm er dann Verantwortung und führte sein Team zu Bronze. „Timo ist jetzt ja auch schon ein paar Tage älter als früher. Dass er immer noch so ein Niveau spielen kann, das ist Wahnsinn. Hochachtung“, lobte Teamkollege Dimitrij Ovtcharov.
Dabei war Boll schon im ersten Satz ein Wirbel herausgesprungen. „Ich habe erstmal gedacht, es ist vorbei“, berichtete er später von seiner Verzweiflung. Doch irgendwie spielte Boll weiter, erkämpfte mit Bastian Steger ein 2:2 nach vier Sätzen. Dann gewährten die Schiedsrichter ihm eine kurze Behandlungspause. Gemeinsam mit Teamarzt Antonius Kass verschwand er hinter den Kulissen – und bekam mehrere Spritzen in den lädierten Nacken.
„Da sieht man, dass er hart im Nehmen ist. Das traut man ihm gar nicht immer zu“, sagte Ovtcharov grinsend. „Ich habe die Spritzen gesehen, das sah schon böse aus. Stark, wie er da auf die Zähne gebissen hat.“Im letzten Satz im Doppel sicherten Boll und Steger den zweiten Punkt für Deutschland, im folgenden Einzel machte Boll sogar im Alleingang die Medaille für Deutschland perfekt. Das dritte Edelmetall mit dem Team nach Silber 2008 und Bronze 2012 war für die deutschen Tischtennis-Männer ein besonderer Erfolg. Boll wollte nicht ausschließen, dass es 2020 mit ihm einen weiteren Anlauf auf die OlympiaMedaillen geben könnte. „Ich hoffe auf jeden Fall, dass ich dabei bin“, sagte er.