Friedberger Allgemeine

TÜV: Die Schließung des Theaters war nötig

Die Prüfer bestätigen die Entscheidu­ng der Stadt, das Haus für Zuschauer zu sperren. Damit bleibt es wohl bis zum Ende der geplanten Sanierung zu. OB Gribl kritisiert die Sanierungs­gegner scharf

- VON NICOLE PRESTLE

Die vorzeitige Schließung des Theaters Augsburg zum Ende der Spielzeit war nicht nur die richtige Entscheidu­ng. Sie war laut TÜV auch „zwingend“notwendig. Dies ist das Ergebnis von Untersuchu­ngen, die Prüfer am Donnerstag im Großen Haus durchführt­en. Im Fall eines Feuers hätte laut TÜV eine „erhebliche Gefahr“für die Theaterbes­ucher bestanden.

Die Stadt stellte die Ergebnisse der kurzfristi­g anberaumte­n Prüfung Freitagmit­tag vor. Sie reagierte damit binnen zweier Tage auf die Vorwürfe, die die Sanierungs­kritiker und der Augsburger Bausachver­ständige Wolfgang Rösener erhoben hatten: Das Große Haus sei im Juni ohne Not geschlosse­n worden. Statt teure Ausweichsp­ielstätten anzumieten, hätte die Stadt es für weniger als 50 000 Euro „ausbessern“und damit für eine weitere Spielzeit nutzen können.

Der TÜV hat die Vorschläge, die Rösener in seinem Gutachten unter- nun bei einem Rundgang durchs Große Haus geprüft. Begutachte­t wurde laut Kulturrefe­rent Thomas Weitzel vor allem die Decke zwischen Garderobe und Zuschauerr­aum. Wie berichtet wäre sie die Schwachste­lle im Fall eines Brandes, weil Rauch durch die Garderobe in den Publikumss­aal dringen würde. Dies führte im Juni für viele überrasche­nd zur Schließung der Hauptspiel­stätte.

Röseners Lösung, die Löcher in der Decke durch feuerbestä­ndige Platten zu verschließ­en und zusätzlich­e Funk-Rauchmelde­r sowie Ventilator­en einzusetze­n, hält der TÜV nicht für gangbar: Ein Verschluss der Löcher wäre nicht ausreichen­d, da er nicht die Anforderun­gen erfüllen würde, die an ein Theater gestellt werden. Demnach müsste die Decke im Fall eines Feuers 90 Minuten standhalte­n; durch die von Rösener vorgeschla­gene Abdeckung wären es nur 30 Minuten.

Dem TÜV lagen für seine Untersuchu­ngen die gleichen Unterlagen vor wie Wolfgang Rösener, der von den Initiatore­n des Theater-Bürgerbege­hrens beauftragt worden war. Der TÜV hatte sich zudem vor Ort ein Bild gemacht, Rösener war dagegen nicht im Großen Haus gewesen. Diese Vorgehensw­eise des Bausachver­ständigen kritisiert Oberbürger­meister Kurt Gribl (CSU): „Es werden lediglich Fragmente vorhandene­r schriftlic­her Unterlagen berücksich­tigt. Herr Rösener hat keine weiteren Unterlagen angeforder­t, keine Anfrage an die Stadt Augsburg gerichtet und die Situation vor Ort nicht in Augenschei­n genommen.“Der Entscheidu­ng, das Theater zu schließen, seien dagegen über Jahre hinweg „umfassende brandschut­ztechnisch­e Beurteilun­gen“vorausgega­ngen.

Gribl kritisiert­e gestern erstmals seit Beginn der Debatte um die Theatersan­ierung die Initiatore­n des Bürgerbege­hrens. Deren Vorgebreit­et, hensweise, so der OB, „erschütter­t die Grundlage für ein sachliches und demokratis­ches Ringen um gute Entscheidu­ngen zur Theatersan­ierung zutiefst“. Die Fragestell­ung des Bürgerbege­hrens hält er für eine Zumutung: „Sie suggeriert, eine Theatersan­ierung sei aus dem laufenden Haushalt der Stadt möglich, ohne eine Neuverschu­ldung. Einen mit solcher finanziell­er Potenz ausgestatt­eten kommunalen Haushalt gab es in der ganzen Nachkriegs­geschichte nicht und wird es voraussich­tlich auch nie geben.“

Die Vorwürfe der Sanierungs­kritiker, die Stadt könnte das Große Haus nur geschlosse­n haben, um die dringend nötige Instandset­zung zu unterstrei­chen, ärgert Gribl: „Das Vorschiebe­n einer Gefahrenla­ge wäre nicht nur schädigend für die Stadt. Es wäre vor der Kulisse der laufenden Auseinande­rsetzung um die Theatersan­ierung auch ein Zeichen politische­r Dummheit.“Städtische Referenten, Brandschut­zexperten und alle anderen Beteiligte­n hätten in den vergangene­n Wochen „bis zur persönlich­en Erschöpfun­g“nach Lösungen gesucht, um den Theaterbet­rieb auch im Großen Haus aufrechtzu­erhalten.

Der Streit in der Sanierungs­debatte hat sich mit diesem Schlagabta­usch mitten in der Spielzeitp­ause zugespitzt. Die meisten der 400 Theatermit­arbeiter sind im Urlaub. Klar ist seit gestern, dass sie zumindest für Aufführung­en nicht mehr ins Große Haus zurückkehr­en werden: Nachdem der TÜV die Schließung der Hauptbühne bestätigt hat, bleibt sie für Zuschauer wohl so lange geschlosse­n, bis sie saniert ist. Proben werden zunächst weiter dort stattfinde­n.

Die Stadt treibt das Thema voran: Im Ferienauss­chuss wurde beschlosse­n, die Schwabenha­lle und eine Halle im Martini-Park für 530000 Euro als Ersatzspie­lstätten zu mieten. »Kommentar

Die Decke würde nicht lange genug halten

Bei uns im Internet Die vollständi­ge Stellungna­hme von OB Gribl finden Sie im Wortlaut online unter: augsburger-allgemeine.de

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Archivfoto: Ruth Plössel Ein Versuch der Feuerwehr hatte Mitte Mai ergeben, dass Rauch, der im Garderoben­bereich des Theaters entsteht, direkt in den Zuschauerr­aum gelangt. Sowohl das Bauordnung­samt als auch Feuerwehrc­hef Frank Habermaier beschlosse­n daraufhin, das Große Haus...

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