„Besser kann man nicht aufhören!“
Olympia Susanne Grötsch vom TSV Friedberg freut sich mit Fabian Hambüchen, obwohl sie dessen Goldübung nicht live sieht. Was ihr an den Spielen gefällt und was weniger – Serie (7)
Friedberg Als das deutsche TurnAushängeschild Fabian Hambüchen in Rio seine herausragende Karriere mit dem Gewinn der Goldmedaille am Reck krönt, ausgerechnet da sitzt die 27 Jahre alte Susanne Grötsch nicht vor dem Fernseher. „Da war ich mit meinem Vater Jürgen im Freiluftkino in Augsburg und hab’ ,Schweinskopf al dente’ angeschaut – aber ich hab per Handy den Liveticker auf Youtube verfolgt, mitgezittert und mich dann am Ende riesig gefreut“, verrät die Turntrainerin des TSV Friedberg mit einem Lächeln.
Tags darauf nahm sich die 27-Jährige dann auch die Zeit, die Goldübung Hambüchens in Ruhe unter die Lupe zu nehmen. Und ihre Fachmeinung dazu? „Das war eine super Übung an seinem Paradegerät – und ich habe ihm den Erfolg so gegönnt. Besser kann man eine Karriere einfach nicht beenden“, meint Susanne Grötsch. Sie hofft nun auch darauf, dass dieser Erfolg dem Turnen in Deutschland einen Schub nach vorne geben möge. „Gerade bei den Jungs ist Turnen ja nicht so angesagt, vielleicht hilft dieses Gold ja ein bisschen, das Image zu verbessern“, hofft Grötsch.
Viel hat die Sachbearbeiterin der Kassenärztlichen Vereinigung vom olympischen Turnen unterm Zuckerhut nicht mitbekommen. „Es wurde ja kaum übertragen, und wenn, dann ziemlich spät – und ich gehe eigentlich immer früh ins Bett“, erklärt sie. Verständlich, muss sie doch nach München zur Arbeit pendeln. So schaute sie viel über Facebook. „Ich habe die Seite des DTB (Deutscher Turnerbund) geliked und war so immer auf dem Laufenden – auch ohne Fernseher“, erzählt sie. Allerdings stieß ihr auch etwas anderes ein bisschen auf: „Wenn ich dann was angeschaut habe, wie das Bodenturnen der Frauen, dann waren die Kommentatoren schlecht – da hat die Fachkenntnis gefehlt“, so Susanne Grötsch. Dass auch beim Turnen der Trend zu immer schwieriger und gefährlicher geht und dass gerade im Frauenturnen immer mehr die Athletik im Vordergrund steht, das hat auch sie festgestellt. „Ich habe auf Youtube mal einen Vergleich gemacht: Bodenturnen 1950 und 2016 bei Olympia. Damals zählte viel mehr der künstlerische Ausdruck, heute geht es nur mehr über Athletik und immer noch spektakulärere Sprünge“, sagt sie. Gerade die Amerikanerin Simone Biles sei ein Paradebeispiel für die nach oben geschraubte Akrobatik – aber die „ist ja auch ein kleines und kompaktes Kraftpaket“, so Götsch. Doch Susanne Grötsch glaubt nicht, dass durch die gesteigerten Schwierigkeiten mehr Verletzungen passieren – trotz der Vorfälle in Rio mit Andreas Toba, dem Franzosen Samir Ait Said oder dem Niederländer Epke Zonderland, der beim Reckfinale spektakulär abstürzte. Die Athleten müssten selber entscheiden, was sie sich zumuten – im Amateurbereich würden das oft noch die Trainer entscheiden. Was andere Sportarten betrifft, die die 27-Jährige faszinieren, so steht Schwimmen bei ihr weit vorne. „Die sind so wahnsinnig diszipliniert und absolvieren ein immenses Trainingsprogramm“, meint sie anerkennend. Kein Wunder, dass ein Sportler, den sie besonders bewundert, auch aus dem Schwimmen kommt: Michael Phelps. Dessen 24 Goldmedaillen seien „Wahnsinn“, und auch die Bronzemedaille für den deutschen Ringer Denis Kudla sei etwas, was „haften bleibe“. Dagegen könne sie mit Ballsportarten wenig anfangen: „Ich bin kein Ballsportler und habe da überhaupt kein Talent“, gibt sie mit einem Lächeln zu. Es hat sie auch ein bisschen gestört, dass beispielsweise so viel Fußball statt einmal andere Sportarten übertragen wurde.
Eher verärgert wirkt die 27-Jährige, wenn es ums Doping geht. „Das stört mich sehr, das macht den Sport und vor allem das Fairplay kaputt. Es ist schade, dass das IOC nicht konsequenter durchgegriffen hat“, findet sie.
Sie selbst war in jungen Jahren Kunstturnerin, wechselte dann zum Turngruppenwettstreit und zur Turngruppenmeisterschaft, wo sie es auch zu bayerischen Meisterehren brachte. Mit 14 endete die aktive Karriere, mit 16 wurde sie Trainerin. Und gibt es noch sportliche Ziele: „Ich würde gerne meinen Hintern hoch kriegen und mal wieder Klettern gehen – und da eine Saison durchziehen“, sagt sie und lacht.