Wenn Handicaps keine Rolle spielen
Zum zweiten Mal geht in Kissing ein Turnier für Behinderte über die Bühne. Die Sportler haben dabei ehrgeizige Ziele für ihre Randsportart
Kissing Insgesamt 17 Teilnehmer nahmen sich am Wochenende Zeit für ein Billard-Turnier der besonderen Art. Von 10 Uhr morgens bis in die späten Abendstunden stellten sie sich in den Räumen des BSC Kissing an die Billardtische. Davon konnte sie auch das strahlend schöne Wetter nicht abhalten. Das Besondere war, dass alle Spieler mit körperlichen Behinderungen leben müssen. Voraussetzung für die Teilnahme am Wettbewerb war, dass die Akteure eine sichtbare Behinderung von mindestens 50 Prozent haben müssen.
Die Teilnehmerzahl hat im Vergleich zum letzten Jahr zugenom- men. Das freute Organisator Chris Thoma besonders. Zu den Neuzugängen gehörten unter anderem Rene Oswald und der Dresdner Hannes Hermsdorf. Vor allem der Spaß und das gute Klima zwischen den Spielern beeindruckten die beiden.
Mit seinen 60 Jahren ist Werner Feß der älteste Spieler. Der Saarländer sieht seit einem Schlaganfall kaum noch was und kann sich nur noch eingeschränkt bewegen. Dennoch kommt er zu den meisten Turnieren, die deutschlandweit stattfinden und er ist Ansprechpartner für die Saarländische Billard Union. „Ich bin zwar kein guter Spieler mehr. Aber es macht Spaß und ich lasse die anderen gerne gewinnen, damit sie nicht weinend in der Ecke stehen“, erklärt er lachend.
Der contergangeschädigte Mike Reißberg spielt seit knapp 40 Jahren Billard. Aufgrund seiner kurzen Arme führt er den Queue mit seinem Bein, um die Kugeln gezielt zu versenken. Er ist ein Star beim Behinderten-Billard. Im Gegensatz zu Rollstuhlfahrern kann er jedoch nicht an Europameisterschaften teilnehmen, da es diesen Wettbewerb eben nur für Rollstuhlfahrer gibt. Das ärgert auch Stefan Barth, der an Knochenkrebs erkrankt ist. Zusammen mit fünf anderen hat er eine Mannschaft gegründet. Sie treten in Baden-Württemberg im normalen Ligabetrieb an. „Es ist schade, dass der Pool-Billard Weltverband so streng ist, wenn es um solche Meisterschaften geht“, bedauert er. Seiner Meinung nach müsse Billard als Sport für Behinderte bekannter werden. „Je mehr Spieler wir gewinnen können, desto höher ist die Chance, dass sich die Regeln für die Wettbewerbe ändern.“Barth will mit den anderen Vertretern der Landesverbände möglichst viel erreichen.
Ein wichtiger Initiator ist dabei Franz Fraunhoffer. Zusammen mit seiner Frau Regine hat er eine Stiftung gegründet. Diese setzt sich für die Verbreitung von schnellem Internet ein, aber auch für die Förderung von Randsportarten. Der Schwerpunkt liegt hier auf Billard, da Fraunhoffer der Sport am Herzen liegt. „Wir wollen Rahmenbedingungen schaffen, die es möglich machen, dass wir alle zusammen spielen. Egal ob mit oder ohne Behinderung“, erklärt er. Mit dem Bremer Billardspieler Torsten Meinken und prominenter Unterstützung stellt er ein Turnier für jedermann auf die Beine. Der Baltic-Billard-Cup findet am 8. und 9. Oktober in Hamburg statt. Die Teilnahme sowie die Anreise und die Unterbringung sollen für alle kostenlos sein. Mithilfe von Sponsoren wird eine neue Plattform geschaffen. Der Traum aller Anwesenden Spieler in Kissing ist, dass mehr auf ihren Sport aufmerksam werden. „Es geht nicht nur darum, zu gewinnen, sondern um das Miteinander“, sagt Werner Feß.