Friedberger Allgemeine

Das Ding:

So entsteht ein Flugzeug-Fahrwerk

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1. Flugzeug ist nicht gleich Flugzeug. Es gibt ganz viele verschiede­ne Arten und für jeden Fliegertyp gibt es ein eigenes Fahrwerk. Bevor das gebaut wird, müssen sich Ingenieure wie Ingrid Kirchmann erst einmal Gedanken machen, was das Fahrwerk alles können muss. Leicht muss es sein und trotzdem robust. Die Fahrwerke tragen das gesamte Flugzeug, dürfen aber nicht stören, wenn es in der Luft ist. An einem Flugzeug sind oft mehrere Fahrwerke verteilt. Eines alleine muss schon mal bis zu 20 Tonnen stemmen. Dazu kommen noch die Kräfte, die bei Start und Landung, zum Beispiel der Stoß beim Aufsetzen, auf das Fahrwerk wirken.

2. Los geht es mit einem riesigen Stahlklotz. Den bekommt die Firma Liebherr-Aerospace von einer Schmiede geliefert. Daraus fräst eine Maschine die Hauptteile. Das nennen die Ingenieure „Weichbehan­dlung“. Sie dauert etwa 30 bis 40 Stunden. Der Stahlklotz wiegt am Anfang etwa eine Tonne, also so viel wie ein Auto. Das ausgefräst­e Teil ist am Ende aber nur noch 180 Kilogramm schwer, ungefähr ein Motorrad. Die Späne, der Fräsabfall, werden übrigens eingeschmo­lzen und dann wiederverw­endet.

3. Das Fahrwerk muss später extrem viel aushalten. Flugzeuge landen auch bei Eis und Schnee oder in der Wüste. Und hoch oben in der Luft ist es bis zu minus 50 Grad Celsius kalt. So kalt kann der Gefriersch­rank daheim gar nicht werden. Damit die Stahlteile alles aushalten, werden sie gehärtet. Erst einmal werden sie mit winzigen Kügelchen beschossen. Das nennt man „shot peening“. Das ist ungefähr so, wie wenn man im Sandkasten ein Förmchen mit Sand füllt und dann drauf klopft, damit der Sand fester wird. Dann kommen die Teile in einen riesigen Ofen.

4. Weil ein Fahrwerk eines der komplizier­testen Flugzeugte­ile ist, muss alles ganz genau gehen und passen. Wenn die gefrästen Rohteile aus dem Ofen kommen und abgekühlt sind, werden sie noch einmal abgefräst, damit alles bis auf Mikrometer genau passt. Das sind Millionste­lmeter – so klein, dass sie nicht einmal auf einem Lineal angezeigt sind. Das nennt man „Hartbehand­lung“, weil der Stahl ganz, ganz hart ist, wenn er aus dem Ofen kommt.

5. Jetzt geht es an die Oberfläche­nbehandlun­g. Da kommen auf die Teile mehrere Schichten mit speziellen Schutzmitt­eln. Davor müssen sie aber richtig sauber sein, damit der Schutz hält. Es kann nämlich richtig schlimm werden, wenn ein Flugzeug-Fahrwerk rostet.

6. In großen Becken bekommen manche Teile eine Schutzschi­cht. Das geht mit Strom und heißt galvanisie­ren. Dadurch verbinden sich beispielsw­eise kleine Metallteil­chen mit dem Stahl und bleiben kleben. Manche Teile werden auch mit Lack besprüht. Das passiert in Kammern, in denen feine Düsen den Lack zerstäuben. Die Teile, die keinen Lack abbekommen sollen, kleben Arbeiter ab (oben).

7. In einem Fahrwerk steckt viel mehr als Stahlteile: Die Vorrichtun­g zum Lenken oder Bremsen und ganz viel Elektronik sind da zum Beispiel verbaut. Liebherr-Aerospace stellt das nicht alles selber her. Die Räder mit Reifen und Bremsen etwa liefert eine andere Firma und die Mechaniker in Lindenberg verbauen sie.

8. Ein FlugzeugFa­hrwerk soll eigentlich das ganze Flugzeugle­ben halten, also 20 bis 30 Jahre. Wenn ein neues Fahrwerk entwickelt wird, baut Liebherr-Aerospace erst einmal einen Prototyp und der wird dann unter extremen Bedingunge­n geprüft. Dazu hat die Firma ein eigenes Testzentru­m. Da muss das Fahrwerk auch funktionie­ren, wenn es mit Eis überzogen ist. Erst wenn alles passt, geht es in die Serienprod­uktion.

9. Vieles ist beim Flugzeug-Fahrwerk noch Handarbeit. In der Montagehal­le bauen Mechaniker die Teile zusammen. Dabei müssen sie bei jedem Teil aufschreib­en, was sie machen. Weil das Fahrwerk sicher sein soll, muss man nachvollzi­ehen können, wie es gebaut wurde.

10. Bevor ein Fahrwerk die Firma verlässt, wird noch einmal überprüft, ob alles richtig funktionie­rt. Die Kunden bekommen das Fahrwerk zusammenge­baut geliefert. Das sind große Flugzeugfi­rmen wie beispielsw­eise Airbus. Sie bauen das Fahrwerk dann in ihre Flugzeuge ein.

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Texte: Bettina Buhl Bilder: Bettina Buhl, Liebherr-Aerospace Lindenberg und dpa Überschrif­ten: Lennart aus Augsburg
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