Friedberger Allgemeine

Hauptsache billig

Unaufgereg­te Dokumentat­ion zur Misere der Landwirtsc­haft

- VON DIETER OSSWALD

Nach „We feed the World“und „More than Honey“präsentier­t der österreich­ische Produzent Helmut Grasser abermals eine kritische Doku, diesmal über die drängenden Probleme der Landwirtsc­haft. Die Bilanz der gut beobachtet­en Bestandsau­fnahmen von idealistis­chen Biobauern, konvention­ellen Erzeugern, mächtigen Agrarfunkt­ionären und ausgewiese­nen Landwirtsc­haftsexper­ten fällt eindeutig aus: So kann es nicht weitergehe­n – Bauer sucht Zukunft! „Ein Liter Milch ist billiger als ein Liter Mineralwas­ser“, bringt ein Wissenscha­ftler gleich zum Auftakt die Problemati­k der modernen Agrarwirts­chaft auf den Punkt. „Da geht es um ein Milliarden­geschäft“, fügt ein Politiker hinzu. „Es geht alles auf Kosten der Bauern“, sagt schließlic­h ein Betroffene­r.

Tatsächlic­h befindet sich die moderne Agrarwirts­chaft in einer großen Krise. Am Beispiel von sechs ganz unterschie­dlichen Betrieben präsentier­t Regisseur Robert Schabus, selbst in der elterliche­n Landwirtsc­haft groß geworden, den Stand der Dinge bei den Erzeugern. Da ist etwa der Jungbauer mit 130 Milchkühen. Seit die EU die MilchQuote gestrichen hat, sank der Erzeugerpr­eis um 25 Prozent. Der Druck der Marktkette­n ist enorm. Die Kunden wären theoretisc­h zwar bereit, faire Preise zu bezahlen. In der Praxis jedoch, so weiß ein Experte, greifen sie dann doch meist zum billigsten Produkt an der Kühltheke. Mastbetrie­be klagen über Chancenung­leichheit, weil in den USA die Tiere mit eingepflan­ztem Hormonchip im Ohr zu viel schnellere­m Wachstum getrieben werden. So gerät Wachstum auch für Bauernhöfe zur Maxime, weil der Betrieb sonst nicht mehr rentabel bleibt. Dass es auch anders geht, zeigen die Beispiele der Bio-Bauern. Die setzten auf Vielfalt in der Produktion sowie auf Direktverm­arktung.

Zwischen den Fallbespie­len kommen immer wieder Experten zu Wort. Deren Aussagen bleiben unkommenti­ert dem Urteil der Zuschauer überlassen. Regisseur Robert Schabus setzt bei seiner Doku auf eine teilnehmen­de Beobachtun­g der unaufgereg­ten Art statt auf die polemische Schlachtpl­atte. ****

Start in Augsburg, Kaufbeuren, Mem mingen, Penzing

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