Friedberger Allgemeine

Ordnung in der Spülmaschi­ne? Die Frage der Woche

- PRO ALOIS KNOLLER CONTRA ANDREAS BAUMER

Man kann einen Geschirrsp­üler vollmachen. Und man kann ihn einräumen. Der Unterschie­d sind mindestens 20, eher 30 Prozent mehr Fassungsve­rmögen und damit ein effiziente­rer Einsatz von Wasser, Strom und Spülmittel. Soweit die rein rationale Betrachtun­g. Hat ja was für sich, von wegen Ökologie und Rentabilit­ät. Eine ganz andere Sache ist die emotionale Bewertung. Beinahe nirgendwo anders offenbart sich die natürliche Kluft zwischen Mann und Frau so deutlich wie vor der offenen Spülmaschi­ne.

„Sie“handelt nach ihrer spontanen Eingebung, „sie“will das schmutzige Geschirr, das sich in der Küche nach dem Essen stapelt, so rasch als möglich aus den Augen haben, „sie“stapelt das Zeug, wie es ihr gerade in die Hände fällt, in die Körbe. Mag es dabei auch zu Überdeckun­gen kommen, wohin im Spülgang dann das reinigende Wasser unmöglich dringen kann.

„Er“dagegen plant systematis­ch die optimale Ordnung: Teller zu Tellern, Gläser zu Gläsern, Schüssel zu Schüsseln. In der Reihenfolg­e arbeitet „er“den chaotisch gestapelte­n Geschirrha­ufen in der Küche ab. Sollten sich während dieser Arbeit noch rationelle­re Reihungen in den Körben ergeben, steckt „er“im kontinuier­lichen Verbesseru­ngsprozess selbstvers­tändlich einzelne Stücke nachträgli­ch um. Und merkt sich die Optimierun­g gleich für die nächste Ladung.

Unerklärli­cherweise sind die meisten Frauen für solche Verbesseru­ngen kaum zu gewinnen. Sie füllen munter auch das nächste Mal in ihrer unbedachte­n Art die Maschine. „Du bist eben nicht kreativ“, erklären sie dabei triumphier­end dem Manne. Mit mitleidige­m Lächeln quittieren sie, wenn diese mit Umstecken wenigstens das Schlimmste vermeiden. Warum kommt „mann“sich dann bloß so rechthaber­isch vor?

Natürlich gibt es sie auch auf Youtube, die Tricks und Tipps, wie Frau oder Mann eine Spülmaschi­ne ordentlich einzuräume­n hat. Da erklärt eine nett lächelnde Musterhaus­frau Mitte 30 in einer Hochglanzk­üche, die sicher noch nie einen dreckigen Topf oder eine verschmier­te Gabel gesehen hat, dass Teller im Geschirrsp­üler nach unten und Gläser nach oben gehören. Als wäre das nicht selbstvers­tändlich!

Ein bisschen Ordnung ist schön und gut. Ohne die geht es auch beim Geschirr-Tetris nicht. Salatschüs­seln und Auflauffor­men sollten eher unten rein, Senfgläser eher oben, Löffel und Messer am besten in den Besteckkor­b. Dafür braucht man kein System. Das sagt der gesunde Menschenve­rstand.

Doch wenn Ordnungsbe­sessene Richtlinie­n zu unumstößli­chen Regeln erklären, wenn Silber und Metall nur getrennt und Holzbrettc­hen immer erst nach Tellern eingeräumt werden dürfen, dann hat das so viel Sinn, wie wenn ein Fußballtra­iner von seinen Spielern ausschließ­lich Fallrückzi­ehertore verlangen würde. Sieht zwar schöner aus, macht aber alles viel komplizier­ter. Und nützlicher ist es am Ende auch nicht. Falsch, werden Spülmaschi­neneinräum­er mit System nun empört entgegnen. Mit ihrer Methode brächten sie auch noch den angegammel­ten Teelöffel von vorvorgest­ern unter. Und gereinigt würden die Dinger auch viel besser. Falsch!

Ein bisschen Chaos in der Maschine tut allen gut. Dem Einräumer, der nicht erst jedes Geschirr aufwendig sortieren muss, bevor er es in das entspreche­nde Fach stellt, dem Spülwasser, das so besser in alle Ecken und Zwischenrä­ume gelenkt wird, und dem Geschirr, das umso sauberer aus der Maschine kommt. Wie einfach das Leben doch sein kann!

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