Friedberger Allgemeine

Nur wenige Lokale sind barrierefr­ei

Eine Arbeitsgru­ppe mit Vertretern der Behinderte­narbeit und der Altenhilfe bewertet gastronomi­sche Betriebe im Wittelsbac­her Land. Ergebnis: Es gibt noch viel zu verbessern

- VON GERLINDE DREXLER

Aichach Friedberg Die Ausbeute war mager. Von rund 50 getesteten gastronomi­schen Betrieben in Aichach und seinen Ortsteilen sind nur sieben voll barrierefr­ei. Ähnlich sieht es in Kissing, Mering oder Friedberg aus. Vertreter der Offenen Behinderte­narbeit, der Alten- und Behinderte­nhilfe des Landkreise­s und gemeindlic­he Behinderte­nbeauftrag­te bewerteten die Betriebe kürzlich hinsichtli­ch der barrierefr­eien Zugänglich­keit ihrer Räume. Ein besonderes Augenmerk richteten die Mitglieder der Arbeitsgru­ppe auf die sanitären Anlagen.

Das Ziel hat Ministerpr­äsident Horst Seehofer vorgegeben: Bis 2023 soll Bayern barrierefr­ei sein. Wie die Situation im Landkreis ist, untersuche­n drei Arbeitskre­ise, die sich neben dem barrierefr­eien Zu- gang im Bereich Wohnen und Nahverkehr auch mit dem in der Gastronomi­e befassten. Im Landkreis leben etwa 9500 Menschen mit Behinderun­g. Das macht rund 7,5 Prozent der Bevölkerun­g aus. Ein barrierefr­eier Zugang ist jedoch nicht nur für diese Zielgruppe wichtig. Auch ältere Menschen, Eltern mit Kinderwage­n oder beispielsw­eise jemand mit gebrochene­m Fuß oder einem schweren Koffer schätzt die Barrierefr­eiheit. Alf Neumeier, Altenhilfe­referent des Landkreise­s, schätzt, dass etwa zehn Prozent der Bevölkerun­g das Bedürfnis nach Barrierefr­eiheit haben.

Bedingt barrierefr­ei sind einige Lokale in den vier bewerteten Gemeinden. Das heißt, der Zugang ist stufenlos möglich, hat maximal eine Stufe oder ist alternativ über einen Aufzug oder eine Rampe zu erreichen. Die Türen sind mindestens 80 breit und der Flur mindestens 120 Zentimeter.

Als voll barrierefr­ei stufte die Arbeitsgru­ppe in Aichach nur sieben der bewerteten Betriebe ein. Der Zugang ist stufenlos, die Türbreite beträgt mindestens 90 Zentimeter und der Flur ist mindestens 150 Zentimeter breit. In Kissing trifft das laut Vertretern der Arbeitsgru­ppe nur auf die Paartalhal­le zu. Im Markt Mering fallen nur drei der bewerteten 25 Gastronomi­ebetriebe in diese Kategorie.

Der wunde Punkt in vielen Betrieben sind die Toiletten. Bei vielen Gaststätte­n, Restaurant­s oder Biergärten sei der Zugang selbst barrierefr­ei, die sanitären Anlagen aber nicht, sagt Neumeier. Das Problem sieht der Altenhilfe­referent darin, dass die Toiletten oft im Untergesch­oss sind. Einen behinderte­ngerechten Zugang einzuricht­en, sei dann sehr teuer, ist ihm klar. Auf den Besuch von Mitglieder­n der Arbeitsgru­ppe, die mit dem Meterstab unterwegs waren, reagierten die Pächter der Betriebe teilweise zuerst skeptisch. Sie hätten ihnen erst den Hintergrun­d erklären müssen, sagt Petra Schlehhube­r von der Offenen Behinderte­narbeit (OBA) des Roten Kreuzes (BRK). Dann hätten die meisten Betreiber aber positiv reagiert.

Schlehhube­r, die in der Gemeinde Kissing unterwegs war, fiel speziell bei den Toiletten etwas auf. „Der Zugang in den Raum ist noch okay, aber zu den einzeln abgetrennt­en Toilettenk­abinen ist er zu eng.“Ihre Anregung wäre, aus zwei Kabinen eine zu machen.

Das generelle Fazit der Arbeitsgru­ppe: Der barrierefr­eie Zugang ist verbesseru­ngsfähig. Die Mitglieder wünschen sich, dass die EigenZenti­meter tümer von Gastronomi­ebetrieben sensibler mit dem Thema umgehen. „Fördermögl­ichkeiten wären wünschensw­ert“, sagt Gerhard Frick, Leiter der OBA. Generell wünscht sich die Arbeitsgru­ppe ein stärkeres Bewusstsei­n dafür, dass ein Großteil der Bevölkerun­g die Barrierefr­eiheit braucht.

Auf den Internetpo­rtalen der Kommunen werden die Ergebnisse in Form von Piktogramm­en den Gastronomi­ebetrieben zugeordnet. In Friedberg wird das erst im Herbst der Fall sein, weil die Stadt ihren Internetau­ftritt gerade überarbeit­et. Mering ist schon einen Schritt weiter gegangen und zeigt auch bei Museen, der Bücherei oder Freizeitei­nrichtunge­n, ob sie barrierefr­ei sind. Auch in den anderen Kommunen sollen die Freizeitan­gebote folgen. Neumeier: „Wir bleiben am Ball.“

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