Friedberger Allgemeine

Die Diesel Insider packen aus

Lange plädierte er auf unschuldig, nun der Sinneswand­el. In den USA hat ein VW-Mitarbeite­r ein Geständnis im Abgas-Skandal abgelegt

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Detroit Oliver Schmidts Albtraum begann am 7. Januar. Das FBI fing den Volkswagen-Manager vor der Rückreise nach Deutschlan­d ab, der alljährlic­he Winterurla­ub in Florida endete mit einer Festnahme am Flughafen von Miami. Seitdem ist der VW-Mitarbeite­r in Haft und spürt die volle Härte der US-Justiz. Bei der strafrecht­lichen Aufarbeitu­ng des Abgas-Skandals ist Schmidt die zentrale Figur – zumindest in den USA, wo außer ihm bislang nur ein Ingenieur gefasst wurde, der rasch einen Kronzeugen­Deal schloss. Nun hat auch Schmidt ein Schuldgest­ändnis abgegeben.

Der Deutsche, der laut Anklage bis März 2015 in leitender VWFunktion mit Umweltfrag­en in den USA betraut war, räumte am Freitag vor dem US-Gericht in Detroit ein, Teil einer Verschwöru­ng zum Betrug und Verstoß gegen US-Umweltgese­tze gewesen zu sein. Durch das Geständnis sinkt Schmidts potenziell­es Strafmaß erheblich. Während sein Kollege, der vor rund einem Jahr als erster VW-Mitarbeite­r auspackte, von Anfang an auf Milde hoffen durfte, drohte Schmidt bisher die Höchststra­fe.

Das Justizmini­sterium hatte den „Fall 20394, die Vereinigte­n Staaten von Amerika gegen Oliver Schmidt“, ursprüngli­ch mit elf Anklagepun­kten eröffnet. Bei einem Schuldspru­ch hätte das im Extremfall 169 Jahre Haft bedeutet. Trotzdem plädierte Schmidt über Monate auf unschuldig. Erst vor zwei Wochen hatten seine Anwälte den zuständige­n Richter informiert, dass ihr Mandant geständig sei.

Trotz des Angebots, 1,6 Millionen Dollar als Sicherheit zu hinterlege­n, und etlicher Empfehlung­sbriefe von Familie und Freunden war Richter Sean Cox die Fluchtgefa­hr zu groß, um Schmidt bis zum Prozess auf freien Fuß zu setzen. Zum Prozess wird es jetzt nicht mehr kommen – damit verliert Schmidt die Chance, sich vor Gericht zu verteidige­n und im Erfolgsfal­l einen Freispruch zu erstreiten. Durch seinen Deal mit den US-Behörden wird allerdings auch das Risiko einer sehr langen Haftstrafe ausgeräumt. Der Großteil der Anklagepun­kte wurde im Gegenzug für Schmidts Geständnis fallengela­ssen. Jedoch bestehen die Vorwürfe der Mittätersc­haft bei Betrug und mutwillige­r Verletzung des Luftreinha­ltegesetze­s fort, es droht nach wie vor eine Haftstrafe von bis zu sieben Jahren. Bei den Geldstrafe­n liegt das offizielle Höchstmaß nun bei insgesamt 500000 Dollar, doch laut seiner Vereinbaru­ng mit den US-Behörden könnte es Schmidt gelingen, das Bußgeld auf einen Betrag zwischen 40000 bis 400000 Dollar zu drücken. Das Urteil soll am 6. Dezember gefällt werden.

Welches Strafmaß Schmidt letztlich erhält, dürfte auch davon abhängen, inwieweit er zur Kooperatio­n mit den Ermittlern bereit ist. Denn auch wenn die „Dieselgate“-Affäre für VW nach mehreren Milliarden-Vergleiche­n mit Klägern auf Konzernebe­ne in den USA weitgehend abgeschlos­sen ist, hat die dortige Justiz die Suche nach schuldigen Führungskr­äften noch längst nicht aufgegeben. Erst im vergangene­n Monat wurde die mittlerwei­le achte Strafanzei­ge veröffentl­icht – diesmal gegen einen Ex-Manager der VW-Tochter Audi. Auf der Liste der US-Fahnder stehen inzwischen deutlich größere Namen als der von Schmidt – etwa der frühere Entwicklun­gsvorstand Heinz-Jakob Neußer.

Zum Prozess wird es nun nicht mehr kommen

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