Friedberger Allgemeine

Ein Schwamm oder doch nur Käse?

- VON RICHARD MAYR rim@augsburger allgemeine.de

Kunst und der öffentlich­e Raum, das kann eine wunderbare, aber auch eine fürchterli­che Beziehung sein. Es gibt Werke, die von Anfang an ein Blickfang sind, Werke, an die sich die Menschen erst gewöhnen müssen, und Werke, die einen ratlos den Kopf schütteln lassen. Im konkreten Fall handelt es sich um ein auffällige­s Objekt, aber es sieht an diesem Ort auf den ersten Blick nicht aus wie Kunstwerk, nein, vielmehr drängt sich der Eindruck eines überdimens­ionalen Käses auf, von Löchern übersäht. Ach, wieder eine Werbeaktio­n vor der City-Galerie – dieses Mal Käse, das ist der erste Eindruck. Irritiert hat allerdings das gelbe Schlachtfe­ld um den Käse herum; irritiert hat auch, dass der obligatori­sche Werbestand fehlt.

Und damit wären wir bei Michel Abdollahi, den man in Ausburg weniger als Künstler, sondern als Moderator des Brecht-FestivalPo­etry-Slams „Dead or Alive“kennt, und seinem Objekt, dem überdimens­ionalen Spülschwam­m. Ein Symbol gegen Hass und Rassismus soll es sein, alles Negative aufsaugen. Stattdesse­n haben es Kinder als das perfekte Spielzeug wahrgenomm­en.

Wie konnte Abdollahi mit seinem Objekt vor der City-Galerie so spektakulä­r scheitern? Vielleicht ist es kein Kunstwerk, sondern einfach nur ein viel zu großer, funktionsl­oser Schwamm, der mit wenig originelle­r Brachial-Symbolik aufgeladen werden soll. Mit Sicherheit steht der Schwamm am falschen Ort. Im Winter steht vor der CityGaleri­e das Winterland, im Frühjahr, Sommer und Herbst wird man dort um Unterschri­ften für dieses oder gegen jenes gebeten, finden dort Werbeaktio­nen statt, nur eines nicht: Kunst. An so einem Ort ein solches Objekt zu präsentier­en, ist schwer.

Die Arbeit lebt davon, dass sie (in kunstgesch­ichtlicher Anleihe bei Claes Oldenburg) einen Alltagsgeg­enstand absurd vergrößert. Vor einem Museum würde sich ein Kontrast einstellen; vor der City-Galerie, dem Umschlagpl­atz für Alltagsgeg­enstände aller Art, kommt niemand auf die Idee, in dem Schwamm Kunst zu sehen. Stattdesse­n wird mit ihm so umgegangen, wie man mit Spülschwäm­men umgeht: achtlos. Und nun? Wird der Schwamm-Torso vor weiterer Beschädigu­ng durch rot-weiße Absperrgit­ter geschützt. Und siehe da: Jetzt steht da ein Werk, das einen an die Vergänglic­hkeit aller Haushaltsw­aren erinnert.

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