Friedberger Allgemeine

Ein grünes Idyll mitten in der Kissinger Natur

Insgesamt 250 Gäste feiern gemeinsam mit dem Sportbund Helios, der seit 95 Jahren zwischen Auen- und Weitmannse­e eine Heimat hat. Beim Fest am Wochenende vergnügt sich aber keiner nackt

- VON SABINE ROTH

Kissing Bereits am Eingang wird man von den Vereinsmit­gliedern in ihren gelb-blauen T-Shirts, die den Sportbund Helios in den Kissinger Auen vertreten freundlich empfangen. Denn in dem über 70 000 Quadratmet­er großen Gelände, das mit einem Sichtschut­z von der Außenwelt abgeschott­et ist, kann man sich schnell mal verlaufen. Genau vor 95 Jahren hatten ein paar Menschen entdeckt, dass es schön ist, sich ohne Bekleidung frei zu bewegen. Das war genau an der Stelle, wo am Wochenende miteinande­r gefeiert wurde.

Damals war es noch ein Sumpf, durch den ein Bach geflossen ist. Heute ist es ein Paradies zwischen dem Auen- und dem Weitmannse­e - mit einem eigenen Schwimmtis­ch und vielen gepflegten Wegen und liebevoll hergericht­eten großzügige­n Plätzen mit Wohnwagen.

In der Nähe des Klubhauses steht ein großes Zelt, davor eine Hüpfburg, das Bayerische Rote Kreuz und die Feuerwehr. Eingeladen sind Vereinsmit­glieder mit ihren Familien und Gästen, aber auch die Vereine aus Kissing. Zudem kommen 80 Boulespiel­er, denn am Samstag und Sonntag war parallel Jubiläum das vierte Schwabentu­rnier im sogenannte­n Pétanque, dem Leitsport des Naturisten­verbundes.

Pünktlich zu Beginn des Festes um 14 Uhr hört es auf zu regnen. Die Kinder toben auf der Hüpfburg, während die Eltern es sich bei Kaffee und Kuchen im Zelt gemütlich machen. Kinder und Erwachsene begeben sich auf Schatzsuch­e und entdecken tolle Preise. Eine Linedance-Vorführung, eine Rock’ n’ Roll-Showeinlag­e und eine Feuershow sorgen gegen Abend für ein buntes Programm.

Als dann die vielen mit Gas gefüllten gelben Luftballon­s, die alle gemeinsam loslassen, in den Himmel steigen, taucht das den Himmel über Kissing regelrecht in ein sonniges Gelb. Die Blaskapell­e „Die Kissinger“spielt im Festzelt auf.

Bürgermeis­ter Manfred Wolf und die zweite Bürgermeis­terin Silvia Rinderhage­n freuen sich, als Ehrengäste an der Feier in diesem „Paradies“teilnehmen zu dürfen. Sie überzeugen sich bei einem Rundgang von dem grünen Idyll mitten in der Kissinger Natur. Sport und Naturismus pflegen, das sind die wichtigste­n Ziele, die der Sportbund Helios verfolgt. Und das bereits seit dem Jahr 1922. In einer Chronik, die einen ganzen Ordner füllt, wurden alle wichtigen Meilenstei­ne in Text und Bildern festgehalt­en.

In den 95 Jahren ist viel passiert. Da wurden unter anderem ein Spielplatz, ein Klubhaus sowie Toilettenh­äuser gebaut. Alles miteinande­r und fast immer ohne störende Textilien. „Hier ist unsere Heimat. Dort haben wir uns ein wahres Paradies geschaffen, das viel Pflege bedarf. Es ist uns eine Herzensang­elegenheit, es so zu erhalten, wie es ist“, sagt der Vorsitzend­e Peter Widmann. Dafür sorgen die Klubzum mitglieder mit ihrem Engagement. Genau deswegen ist der Kissinger Manfred Gartenmeie­r seit 49 Jahren im Verein. 20 Jahre musste er auf einen Standplatz und seinen Wohnwagen warten. Aber es hat sich gelohnt. Der 75-jährige Naturliebh­aber war zehn Jahre lang Geländewar­t. „Es ist viel Arbeit notwendig, um ein so schönes Gelände so zu erhalten“, sagt Gartenmeie­r und lacht.

Die Mitglieder kommen aber nicht nur aus der Region. Über die Boulefreun­de konnten manche bis aus Hamburg oder sogar aus den Niederland­en gewonnen werden. Besonders geehrt wurden die drei ältesten Mitglieder Thea Barth, Frieda Graber und Konrad Holzmann, der mit seinen 89 Jahren am Jubiläum teilgenomm­en hat. Der Augsburger ist seit 57 Jahren im Verein. Er hat es immer genossen, wenn seine zwei Kinder hier ungezwunge­n herumtoben konnten und er nicht ständig aufpassen musste. Für ihn war die Nacktheit von Anfang an ohne Vorbehalte. Sieben Jahre lang war er Sportwart. Jetzt hat er geholfen, die Chronik zu erstellen.

Aus dem einstigen „Bund der Lichtfreun­de ist der „Sportbund Helios Kissing“geworden. Viele Höhen und Tiefen musste man bewältigen. Widmann freue sich, dass der Trend wieder mehr hin zum Vereinsleb­en und dem Miteinande­r geht. Im Moment zählt der Verein rund 240 Mitglieder. Die jüngsten Mitglieder sind Christina (34) und Martin (40). Sie sind vor einem halben Jahr nach Kissing gezogen und suchten nach einem Verein. Beide lieben die Natur und das Nacktsein. Zudem spielen sie gerne Badminton.

Dass sie ihr Hobby im Sommer nun hier ausüben können, freut sie sehr. Gemeinsam mit anderen. Ob mit oder ohne Kleidung, das kann jeder selbst entscheide­n.

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Fotos: Sabine Roth, Elisa Glöckner Die vielen gelben Luftballon­en stiegen zum Jubiläum des Kissinger Sportbunde­s Helios in den Himmel auf.
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Viel Beifall gab es für die Showtanzgr­uppe, die ihre Kunststück­e beim Sportbund He lios zeigte.
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