Friedberger Allgemeine

„Dann läuft in diesem Geschäft etwas schief“

Mit nur einem Punkt steht der 1. FC Köln am Tabellenen­de. Trainer Peter Stöger vor dem Duell heute gegen Stuttgart über einen möglichen Rücktritt und die Freuden des Europapoka­ls

- Interview: Olaf Kupfer

Herr Stöger, wie empfinden Sie Ihre Probleme in Köln derzeit selbst? Peter Stöger: Schwierig, weil es um einen großen Klub geht. Bei 100 000 Mitglieder­n hängt schon etwas an der sportliche­n Situation. Wenn ich es im Vergleich zu anderen Problemen auf der Welt betrachte, dann ist das doch sehr relativ. Dennoch: Wir brauchen sportlich eine Lösung. Wir müssen punkten, damit die Leute an ihrer große Liebe wieder Freude haben können.

Lucien Favre hat in ähnlicher Situation in Gladbach vor zwei Jahren aufgegeben. Kommt Ihnen das in den Sinn? Stöger: Nein. Ich will das auch nicht vergleiche­n, weil ich dann am Ende bewerte, was richtig oder falsch ist. Ich kenne auch den wahren Hintergrun­d bei Favre nicht. Wissen Sie, es ist doch so: In der engeren Führung dieses Klubs arbeiten etwa 15 Leute. Wenn ich das Gefühl habe, dass die noch keine Alternativ­e haben oder eine Lösung kennen, der Verein also am Ende in einer schwierige­n Situation wäre, weil er kein anderes Prozedere durchgespi­elt hat – ich finde, das geht ganz einfach nicht. Aber ich habe auch immer gesagt, dass dieser Verein permanent Bundesliga spielen muss, wenn er sich nach oben entwickeln will. Klar ist aber auch: Wenn 14 dieser 15 Leute sagen, wir haben eine Alternativ­e, von der wir glauben, dass sie greifen kann, dann bin ich sicher der Letzte, der das nicht versteht.

Es ist die erste wirklich schwierige Phase unter Ihnen.

Stöger: Nein, die schwierige­n Phasen, die wir intern als solche gewertet haben, hat man vielleicht nach außen nicht so mitbekomme­n, weil wir dann rechtzeiti­g wieder gewonnen haben. Die Jungs haben uns öfter mit außergewöh­nlichen Spielen die Haut gerettet. Wir sind zum Beispiel in die Zweitliga-Saison mit drei Unentschie­den gestartet. Da haben sich hier alle überrascht angeschaut. Vielleicht aber auch nur, weil sie überrascht waren, dass der Österreich­er nicht dreimal hintereina­nder verloren hat (lacht).

Welche Rolle spielt jetzt Claudio Pizarro? Und warum haben Sie dem Transfer zugestimmt?

Stöger: Fakt ist: Wenn wir jetzt zehn Punkte hätten, wäre Pizarro kein Thema gewesen. Aber wir haben gefühlt viele Situatione­n im Strafraum, aus denen wenig entsteht. Also haben wir uns angeschaut, ob da noch jemand ist, der gerne noch kicken würde, der keinen Verein bekommen hat, weil er vielleicht zu hoch gepokert hat, verletzt war oder auch gefühlt zu alt ist. Und dann landet man schnell bei Pizarro. Warum kommst du auf ihn? Weil er eine absolute Quote hat, und weil er bei jeder Station ein Top-Profi war. Seine Gelassenhe­it und seine Erfahrung können uns jetzt helfen.

Wann wird Ihnen der derzeit verletzte Stürmer Cordoba helfen können? Man wird ihm in Sachen Einsatz nichts vorwerfen können, aber es verspringe­n auch viele Bälle, die Anthony Modeste vorne gehalten hat, als er noch da war.

Stöger: Das stimmt, dafür arbeitet er viel mehr als Tony. Eine Mannschaft braucht von jedem Spieler einen Mehrwert. Bei Jhon ist es die Arbeit, die er leistet. Wenn Tony Lust gehabt hat, hat er gut gearbeitet. Wenn nicht, musste er seine Quote bringen. Wenn er diese Tore nicht erzielt hätte, hätte er Ärger bekommen mit den anderen Jungs. Nervt der Europacup schon?

Stöger: Nein. Wenn wir uns darauf nicht mehr freuen, dann läuft in diesem Geschäft aber alles falsch. Wer weiß denn, wie oft wir das hier noch erleben? Ich behaupte jetzt mal: nächstes Jahr wird’s nichts (lacht). Wir können doch sagen, dass wir unter der Woche eine zusätzlich­e Möglichkei­t haben, uns Sicherheit zu holen.

Ihre Rechnung für diese Saison schaut wie aus?

Stöger: Wenn wir im Winter nahe an den 20 wären, das wäre schon gut. Mit zehn Punkten würde es heftig werden, wobei Augsburg das auch schon geschafft hat. ● Peter Stöger ist seit 2013 Trainer des 1. FC Köln. Der 51 jährige Ös terreicher führte die Rheinlände­r in seiner ersten Saison zum Aufstieg und machte aus ihnen einen stabilen Bundesligi­sten.

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Foto: dpa

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