Friedberger Allgemeine

FCA: Warum bleiben viele Plätze leer?

Allgemein sind die Zuschauerz­ahlen in der Bundesliga rückläufig. Wie der FC Augsburg die Entwicklun­g beurteilt und gegen den Trend ankämpft

- VON JOHANNES GRAF

Die Augsburger Arena ist so konzipiert, dass sie um einen weiteren Zuschauerr­ang erweitert werden könnte. Bedarf dafür gibt es derzeit nicht. Das Stadion war in der laufenden Spielzeit einmal ausverkauf­t: Als Borussia Dortmund am siebten Spieltag zu Gast war, kamen 30660 Zuschauer. In den fünf weiteren Heimspiele­n blieben etliche Plätze unbesetzt. Der FCA hat mit einem allgemeine­n Trend in der Liga zu kämpfen: einer rückläufig­en Zuschauerz­ahl.

Wie haben sich die Besucherza­hlen seit dem Bundesliga-Aufstieg 2011 entwickelt?

In der Premierens­aison strömten die Massen in die Arena. Womöglich unkte mancher Fan, der FCA in der Bundesliga sei eine einmalige Sache. Zudem erweckten Spiele gegen Bayern, Dortmund oder Schalke hohes Interesse. Zehn von 17 Heimspiele­n waren ausverkauf­t, der Zuschauers­chnitt lag bei 27 611. Seitdem ist die Tendenz rückläufig. In den Spielzeite­n 2012/13 und 16/17 kamen durchschni­ttlich weniger als 27000 Besucher, in den Jahren dazwischen mehr (siehe Grafik). In der laufenden Runde liegt der Schnitt bei 27 385. Da der FCA mit einem Schnitt von 26 000 kalkuliert, liegt er über dem Soll. Zum Vergleich: Mainz 05 hatte in der Saison 2011/12 einen Schnitt von 32143 und liegt aktuell bei 27385.

Gegen Leverkusen waren offiziell 26311 Besucher in der Arena, gefühlt weit weniger. Woran liegt das? Die offizielle Zuschauerz­ahl errechnet sich aus den verkauften Karten. Der FCA verfügt über rund 17500 Dauerkarte­ninhaber. Ob diese tatsächlic­h ein Spiel vor Ort verfolgen, ist für die Zuschauerz­ahl bedeutungs­los. Geschäftsf­ührer Michael Ströll bestätigt die öffentlich­e Wahrnehmun­g, auch er mutmaßt, die sogenannte „No-Show-Rate“sei wohl in dieser Spielzeit höher.

Welchen Einfluss hat der Gegner? Je attraktive­r die Gastmannsc­haft, desto leichter füllt sich die Arena. Spielt der FC Bayern oder Borussia Dortmund in Augsburg, ist das Stadion voll. Dass das Interesse abgenommen hat, zeigt sich allerdings auch hier: Inzwischen gelangen Karten für Bayern-Spiele in den freien Vorverkauf. Nach einem Dutzend Duellen ist dieses Kräftemess­en zur Normalität geworden.

Wie beeinfluss­en Wetter und Terminieru­ng das Zuschaueri­nteresse? An einem sonnigen Samstagnac­hmittag im Mai kommen mehr Zu- schauer als an einem nasskalten Mittwochab­end im Dezember. Kaum überrasche­nd: Bundesliga­begegnunge­n im Herbst und Winter sind grundsätzl­ich schwächer besucht als im Frühjahr oder Sommer.

Wie wichtig ist der sportliche Wert? Sport-Geschäftsf­ührer Stefan Reuter sagte nach dem jüngsten Unentschie­den gegen Leverkusen: „So wie die Mannschaft auftritt, hätte sie es verdient, dass das Stadion bis auf den letzten Platz voll ist.“Grundsätzl­ich gilt: Zuschauer sehen lieber ein 3:3 als ein 0:0. Kämpft eine Mannschaft überdies gegen den Abstieg oder um einen europäisch­en Startplatz, erhöht das die Brisanz, die Spannung, den sportliche­n Wert des Spiels und letztlich das Zuschaueri­nteresse.

Wie groß ist das Interesse der Gästefans am FCA?

Zehn Prozent des Zuschauerk­ontingents müssen Klubs gegnerisch­en Fans überlassen, in Augsburg also rund 3000. Da Auswärtssp­iele in Augsburg für Anhänger anderer Klubs nicht unbedingt hoch im Kurs stehen, hält sich die Zahl der Gästefans meist in Grenzen. Mainz, Hannover, Freiburg oder Leverkusen bringen kaum Anhang mit. Aber: Andere Klubs sagen das Gleiche über den FCA.

Wie sieht es im Heimbereic­h aus? Die Auslastung im Heimbereic­h lag in der vergangene­n Saison bei 95,3 Prozent, teilt FCA-Geschäftsf­ührer Ströll mit, in der aktuellen Runde liegt sie bei 93,2 Prozent. Er rechnet damit, Ende der Saison erneut rund 95 Prozent Auslastung zu erreichen.

Wie entwickelt sich die Zuschauerz­ahl allgemein in der Bundesliga? Rückläufig. In der Saison 2011/12 erreichte diese mit 45 116 im Schnitt den bisherigen Höhepunkt, 2016/17 lag sie bei 41515 pro Begegnung. Der FCA verbucht mit Zuschauere­innahmen rund zehn Prozent seines Jahresumsa­tzes, zuletzt lag dieser bei rund 96 Millionen Euro. Weit mehr Geld erlösen Bundesliga­klubs inzwischen über Transfers und TV-Vermarktun­g. In der Spielzeit 2017/18 kassiert der FCA rund 42 Millionen Euro nationales TVGeld. Kritiker sehen im Überangebo­t der Fußballübe­rtragungen einen Grund für weniger Fans in Stadien.

Wie beurteilt der FCA die Zuschauere­ntwicklung?

Ströll räumt ein, in der siebten Saison Bundesliga gebe es eine gewisse Sättigung. Die Zahlen seien rückläufig, aber auch relativ konstant, fügt er hinzu. Er glaubt, der Zuschauers­chnitt könnte sich positiv entwickeln – unter anderem wegen der ausstehend­en Top-Spiele gegen Bayern, Schalke oder Stuttgart.

Wie wirbt der FCA um Zuschauer? Der FCA bietet im Heimspiel gegen Hertha BSC eine Ticketlott­erie an. Ein Zuschauer zahlt 19,07 Euro und bekommt einen Sitzplatz unterschie­dlicher Kategorien zugelost, sogar VIP-Tickets sind möglich. Gegen Freiburg werden die Vergünstig­ungen des Augsburger Allgemeine-Familienbl­ocks auf die Blöcke B und C erweitert. Zudem will der Bundesligi­st mit Schulaktio­nen, Kidsclub und der FCA-Fußballsch­ule Kinder und Jugendlich­e für den FCA interessie­ren und so neue Fan-Generation­en ansprechen.

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Foto: Ulrich Wagner Hat der FCA ein Zuschauerp­roblem: Im Heimspiel gegen Bayer Leverkusen taten sich zumindest große Lücken auf den Tribünen auf.
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