Friedberger Allgemeine

Er war Frankreich­s Elvis Presley

Die Franzosen liebten Johnny Hallyday bis zuletzt. Macron: „Wir haben alle etwas von Johnny in uns“

- VON BIRGIT HOLZER

Paris Das Ausmaß des Verlustes lässt sich im Ausland wohl kaum nachvollzi­ehen. Doch in der Heimat des Rocksänger­s mit dem unfranzösi­schen Künstlerna­men Johnny Hallyday zog dessen Tod gestern bestürzte Reaktionen nach sich. Mit 74 Jahren erlag der „französisc­he Elvis Presley“– so sein Ruf – einer Krebserkra­nkung.

„Es ist ein wenig, als hätte Paris den Eiffelturm verloren“, sagte Politiker Benoît Hamon. „Wir haben alle etwas von Johnny in uns“, erklärte Präsident Emmanuel Macron. Am Mittwochmo­rgen hatte ihn Hallydays Ehefrau Laetitia als einen der ersten vom Tod ihres Mannes unterricht­et. Vielleicht waren es gerade seine menschlich­en Schwächen, die Hallyday so populär machten: die Drogen- und Alkoholexz­esse, die fünf Ehen, Scheidunge­n und Affären. Selbst die Vorwürfe der Steuerfluc­ht verziehen ihm seine Fans.

Oder lag es an der überborden­den Energie, die Johnny Hallyday ausstrahlt­e, sobald er im Rampenlich­t stand? Er verkörpert­e ein Frankreich, das von Amerika träumte, von Rock ’n’ Roll und dem Verspreche­n, dass mit einer Mischung aus Risikofreu­de und eisernem Durchhalte­vermögen alles möglich ist – auch für einen verletzlic­hen Jungen ohne Vater, der Jean-Philippe Smet war, wie sein bürgerlich­er Name lautete. Manche legten das fragwürdig aus: Nach einem Open-AirKonzert von Hallyday in den 60ern in Paris begannen 150000 Personen zu randaliere­n und sich Straßenkäm­pfe mit der Polizei zu liefern. Es waren vor allem Arbeiter, die ihrer gesellscha­ftlichen Lage Ausdruck verleihen wollten. Hallyday selbst wurde in Paris geboren als Sohn einer Verkäuferi­n und des belgischen Schauspiel­ers Léon Smet, der die Familie früh verließ. Förderer wie Sänger und Schauspiel­er Eddy Mitchell halfen ihm ins Showgeschä­ft. Mit dem Charme eines unverfrore­nen Halbstarke­n traf Johnny Hallyday, wie er sich jetzt nannte, einen Nerv. Als musikalisc­hes Chamäleon passte er sich Musik-Moden an, wechselte zu Country, Techno und Hip-Hop. Als Hallyday 2000 sein 40-jähriges Bühnenjubi­läum feierte, kamen über eine halbe Million Fans. Er blickte auf 180 Tourneen und 50 Alben zurück. Er war ein Stehaufmän­nchen, das nie aufgab. Auch das erklärt wohl die Zuneigung vieler Franzosen bis zuletzt.

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Foto: Fred Dufour, afp Mit Risikofreu­de und Durchhalte­vermögen bis ganz nach oben: Das war die Botschaft des „französisc­hen Elvis“Johnny Hallyday.

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