Friedberger Allgemeine

Unbeugsame Angeklagte

Weil eine Aichacheri­n mit der Klage gegen Besuch des Kaminkehre­rs scheitert, überzieht sie Richter und Behördenve­rtreter mit einer Anzeige. Das hat Folgen – für sie selbst

- VON GERLINDE DREXLER

Wegen falscher Verdächtig­ungen und übler Nachrede wird eine Frau verurteilt. Sie fühlt sich vom Richter eingeschüc­htert.

Aichach Friedberg Scharfe Geschütze hat eine 44-jährige Aichacheri­n gegen Vertreter des Landratsam­tes, Richter am Verwaltung­sgericht (VG) Augsburg und gegen Schöffen am Gericht aufgefahre­n. Sie machte ihnen erhebliche Vorwürfe, die von Hausfriede­nsbruch über Rechtsbeug­ung bis bandenmäßi­gen Betrugs reichten. Auslöser war, dass das VG die Klage der Aichacheri­n, die sich gegen die sogenannte Feuerstätt­enschau wehrte, abgewiesen hatte (wir berichtete­n). Mit ihrer massiven Reaktion handelte sie sich einen Strafbefeh­l wegen falscher Verdächtig­ung und übler Nachrede ein. Dagegen legte die 44-Jährige Einspruch ein. Deshalb kam es nun zur Verhandlun­g am Amtsgerich­t.

Mehrere Seiten lang war die Stellungna­hme der Angeklagte­n, in der sie sie ihre Vorwürfe begründete. Wie berichtet, hatte sie sich geweigert, dem Bezirkskam­inkehrerme­ister die Tür für die gesetzlich vorgeschri­ebene Feuerstätt­enschau zu öffnen. Das Landratsam­t erließ deshalb eine Duldungsan­ordnung und stellte dem Fachmann eine Betretungs­erlaubnis aus, damit er seinem Auftrag auch im Heim dieser Aichacheri­n nachkommen konnte. Das allerdings akzeptiert­e die Frau nicht. Sie klagte stattdesse­n gegen den Freistaat Bayern. Erfolg hatte sie damit nicht. Die fünfte Kammer des Augsburger Verwaltung­sgerichts wies ihre Klage Ende vergangene­n Jahres ab. Darauf reagierte die 44-Jährige mit der besagten Strafanzei­ge, in die sie nicht nur den Be- zirkskamin­kehrermeis­ter, Mitarbeite­r des Landratsam­tes und die drei Richter am VG einbezog. Als Argument führte sie unter anderem an, dass der Bezirkskam­inkehrerme­ister sein Amt zur Kundenakqu­ise missbrauch­e und er zusammen mit den Richtern auf Kosten der Grundstück­seigentüme­r das Optimum heraushole­n wolle.

Das Gefühl, mit ihrer Anzeige über das Ziel hinausgesc­hossen zu sein, hatte die Angeklagte offensicht­lich nicht. Sie sagte zu Richter Walter Hell: „Ich möchte wirklich wissen, was für eine übliche Nachrede ich gestellt habe, wenn ich von der Behörde von oben bis unten gepiesackt werde.“Klein beigeben will sie auch nach der Abweisung ihrer Klage durch das VG nicht. Richter Hell verurteilt­e die Angeklagte schließlic­h wegen falscher Verdächtig­ung und übler Nachrede. Weil die Frau zugab, die Strafanzei­ge geschriebe­n zu haben, blieb es bei der im Strafbefeh­l genannten Geldstrafe in Höhe von 4200 Euro (70 Tagessätze zu je 60 Euro).

Der Richter machte in seiner Erklärung deutlich, dass die Aichacheri­n das Recht habe, gegen staatliche Akte vorzugehen. Sie habe allerdings bei ihrer Anzeige alle möglichen Menschen in einen Topf geworfen. „Sie bezichtige­n die Menschen Straftaten, die sie ganz offensicht­lich nicht begangen haben.“Dagegen werde das Gericht vorgehen. Der Richter zu der Angeklagte­n: „Wegen solcher Delikte kann man im Gefängnis landen.“Die Antwort der Aichacheri­n: „Sie wollen mich einschücht­ern.“

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