Friedberger Allgemeine

Richter spielt frech auf

In Wolfsburg belebt der Angreifer das Offensivsp­iel der Augsburger. Im Winter dachte er noch über einen Vereinswec­hsel nach

- VON JOHANNES GRAF

Wenn ein Fußballer innerhalb einer Spielhälft­e erst ein- und dann wieder ausgewechs­elt wird, kann ihm dies nicht gefallen. Im Auswärtssp­iel gegen den VfL Wolfsburg ist Marco Richter dies widerfahre­n, unumwunden gibt er zu: „Als Spieler ist das sehr ärgerlich.“Sogleich aber schiebt er hinterher, er sei niemandem böse. Weder Trainer Manuel Baum noch Sportgesch­äftsführer Stefan Reuter oder dem Technische­n Direktor Stephan Schwarz. Sie hätten ihm erklärt, dass sein Wechsel „taktisch“gewesen sei, berichtet Richter im Kabinentra­kt der Wolfsburge­r Fußballare­na. In der Nachspielz­eit sollte der kopfballst­arke Defensivma­nn Gojko Kacar helfen, das Unentschie­den zu verteidige­n, Richter musste für ihn weichen.

Auch wenn die Begegnung torlos mit einem Unentschie­den endete, so brachte sie dennoch einen Gewinner hervor. Die zweite Halbzeit genügte Marco Richter, um sich auf Augsburger Seite in den Mittelpunk­t zu rücken. Mit kurzen Sätzen beschreibt der 20-Jährige die Vorgaben, mit denen er nach der Pause auf den Platz geschickt wurde: Bälle halten, Fouls des Gegners provoziere­n, Gas geben.

Richter zeichnet auf und neben dem Platz Unbekümmer­theit aus, er tritt im positiven Sinn frech und selbstbewu­sst auf, ausgestatt­et mit einer für Stürmer gesunden Portion Eigensinn. Davon zeugte sein gekonnter Heber in der 65. Minute. Statt Mitspieler Michael Gregoritsc­h zu bedienen, schlug Richter noch einen Haken, legte sich die Kugel zurecht und schaufelte sie an die Querstange des Wolfsburge­r Tores. „Das wäre eine super Sache gewesen. Leider hatte die Latte etwas dagegen“, erzählt Richter vom knapp verpassten Führungstr­effer.

Somit blieb ihm die Krönung seiner Leistung verwehrt. Lob bekam er dennoch von Manager Reuter, der Richter eine „sehr ordentlich­e Partie“und eine „super Leistung“attestiert­e. Auch Reuter schwärmte von seiner Einzelakti­on. „Das wäre ein Wahnsinnst­or gewesen, eine geniale Aktion.“

Auf dem Rasen handelt Richter meist intuitiv, diesmal allerdings sei es „komisch“gewesen, meint der Angreifer. Untypisch für ihn habe er in dieser Situation wirklich nachgedach­t. Gedanken hat er sich ebenso im Winter gemacht. Die Vorrunde war nicht nach seinen Vorstellun­gen gelaufen, der aufgebläht­e Kader und etliche Konkurrent­en bescherten ihm Einsätze im Regionalli­gateam der U23. Alles andere als befriedige­nd für Richter. Er liebäugelt­e deshalb mit einem Wechsel, mit einer Ausleihe, ließ sich letztlich aber vom Bleiben überzeugen. Der Kader schrumpfte, zudem ereilten den Klub Verletzung­en. Folge: Sieben seiner acht Bundesliga-Einsätze hat Richter in der Rückserie absolviert, gegen Frankfurt hat er sein Bundesliga-Premierent­or erzielt. Einem Etappenzie­l seiner Profikarri­ere ist er so in den vergangene­n Wochen nähergekom­men. Richter betont: „Ich möchte mich in der Mannschaft etablieren.“Er, Kevin Danso oder Raphael Framberger haben den Sprung zu den Profis geschafft, die 17-jährigen Simon Asta und Maurice Malone müssen sich noch gedulden. Allein, dass sie in Wolfsburg im Kader standen, dürfte den Nachwuchss­pielern aber Auftrieb geben und sie darin bestärken, den eingeschla­genen Weg fortzusetz­en.

Klar ist aber auch: Sie profitiere­n von Verletzung­en. In Wolfsburg fielen Daniel Baier (Tinnitus) und Alfred Finnbogaso­n aus. Der inzwischen als verletzung­sanfällig eingestuft­e Isländer sollte schon gegen den FC Bayern zurückkehr­en, in Wolfsburg fehlte er erneut. Erst verhindert­e ein Sehnenriss an der linken Wade einen Einsatz, jetzt bereitet die rechte Wade Probleme. Seit zweieinhal­b Monaten hat Finnbogaso­n kein Spiel mehr für Augsburg bestritten, inzwischen muss er sich wohl sogar Sorgen um seine WM-Teilnahme im Sommer machen.

Von einer solchen ist Marco Richter noch weit entfernt. Ihm geht es darum, in der Bundesliga auf dem Rasen zu stehen. Möglichst in der Startforma­tion. Zweimal war dies in der laufenden Saison der Fall. Gegen Wolfsburg hat sich Richter für ein drittes Mal empfohlen, Ansprüche stellt er deshalb aber keine. Artig sagt er einen Satz, den Trainer gerne hören: „Ich will durch Leistung aufmerksam machen.“Frech ist er nur auf dem Platz.

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Foto: Peter Steffen, dpa Marco Richter (am Ball) kam nach der Pause und bot dann eine starke Partie.

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