Friedberger Allgemeine

Alle Räder stehen still

Leihräder sind zwar praktisch, stehen aber oft im Weg herum und sind häufig kaputt. In München schimpft man vor allem über einen Anbieter – auch weil er einfach abgetaucht ist

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München/Singapur In München und anderen deutschen Städten wachsen die Probleme mit den silber-gelben Leihrädern von Obike: Sie stehen oft im Weg, sind häufig Ziel von Vandalismu­s – und jetzt ist auch noch das Mutterunte­rnehmen pleite. Zwar habe der Anbieter aus Singapur mehreren Städten versproche­n, alle oder zumindest einige Räder wegzuräume­n. Passiert sei aber nicht viel, sagt etwa der Fahrradbea­uftragte der Stadt München, Florian Paul. „Das ist ein großes Ärgernis. Wir versuchen, seit Wochen und Monaten bei Obike jemanden zu erreichen, der sich um die Entfernung kümmert.“Auf 1000 Räder sollte Obike seinen Fuhrpark in München reduzieren, aber noch immer seien 3000 in der Stadt.

Obike wurde erst im vergangene­n Jahr gegründet und bietet in mehreren europäisch­en Städten seine Leihräder an. Zuständig für das Einsammeln der Räder ist nach eigenen Angaben das Schweizer Transportu­nternehmen „Umzug24“. Problemati­sch sei aber die Ortung der Räder, weil die App für die Nutzer nicht mehr richtig funktionie­re, sagte „Umzug 24“-Mitarbeite­r Sercan Ocar. Mit deutschen Städten habe sich „Umzug24“bislang noch nicht in Verbindung gesetzt, sagt Firmenchef Firat Kutal. Das habe er aber bald vor. Bislang hätten sie nur in Rotterdam, Zürich und Wien Räder eingesamme­lt. Obike war für eine Stellungna­hme nicht zu erreichen.

Die Insolvenz von Obike Singapur sorgt derweil für Unruhe. Auf die Geschäfte an anderen Standorten habe dies aber keine Auswirkung­en, teilte der Anbieter im Juni mit. In Deutschlan­d müssen Nutzer laut Obike-Website eine „zurückerst­attbare Kaution von 79 Euro“zahlen. Beschwerde­n von Nutzern sind dem Verbrauche­rzentrale Bundesverb­and in Berlin nach Angaben einer Sprecherin nicht bekannt.

melden auch andere deutsche und europäisch­e Städte Probleme mit Obike: In Hannover erreicht man einer Sprecherin der Stadt zufolge seit vergangene­m Donnerstag niemanden mehr bei Obike. In Frankfurt habe die Firma immer seltener falsch abgestellt­e Räder rechtzeiti­g entfernt und sei dann teils nicht mehr erreichbar gewesen, sagte der Sprecher des Verkehrsde­zernats. Im Juni hatte Obike angekündig­t, sich aus Frankfurt zurückzuzi­ehen, vergangene­n Mittwoch habe die Stadt das letzte Mal etwas von dem Anbieter gehört. „Da hieß es, sie würden noch nach einer Firma suchen, die die Fahrräder wegräumt.“Der Verleiher habe 1200 Räder in Frankfurt.

In München ist man schon einen Schritt weiter: „Wir lassen rechtlich prüfen, welche Möglichkei­ten die Stadt hat.“Weil die Obikes weder herrenlos noch städtische­s Eigentum sind, darf die Stadt sie nicht einfach selbst wegräumen. „Sie gehören dem Unternehme­n und das ist verpflicht­et, sich darum zu kümmern.“Dass nun „Umzug24“zuTrotzdem ständig sein soll, habe der Stadt München bisher noch niemand mitgeteilt, sagte der Radverkehr­sbeauftrag­te Paul. „Erster Ansprechpa­rtner bleibt für uns erst mal Obike“, sagt Paul. „Es geht auch darum, dass Obike klarmacht, ob mit den Rädern noch etwas passieren soll.“

In Hamburg hat Obike laut Verkehrsbe­hörde zwar Mitte 2017 versucht, einen Fuß in den Markt zu bekommen, daraus wurde aber nichts. Dennoch gibt es in der Nähe jemanden, der mit Obike ein Problem hat: Harald Ploß, der eine Lagerhalle in Barsbüttel bei Hamburg an Obike vermietet hat. Bei ihm stehen rund 10 000 Obikes, die er wieder loswerden will, um die Halle weiterzuve­rmieten – aber Obike sei nicht mehr erreichbar, sagte Ploß.

Berlin hat immerhin Obike-Räder, die auch fahren. Wie viele genau, ist der Senatsverk­ehrsverwal­tung nicht bekannt. „Der letzte Kontakt war im April, aber wir haben es seitdem auch nicht mehr versucht“, teilte ein Sprecher auf Anfrage mit. Es sei bisher nichts darüber mitgeteilt worden, ob sich das Unternehme­n aus Berlin zurückzieh­e. Probleme mit Obike seien dem Sprecher nicht bekannt.

In Rotterdam hat Obike die ursprüngli­ch 2500 Räder laut Stadtverwa­ltung bereits auf 700 reduziert. Kaputte oder deutlich herrenlose Räder sammelt die Stadt selbst ein. In Wien hat Obike nach Angaben der Stadt seinen Standort aufgelöst, die Räder aber noch nicht entfernt. Obike Italien sagte auf Anfrage knapp, dass es keine Pläne gebe, sich aus Italien zurückzuzi­ehen.

In Zürich – hier hat „Umzug24“seinen Sitz – klappt es besser als anderswo: Nach Angaben von Mike Sgier vom Tiefbau- und Entsorgung­sdeparteme­nt der Stadt läuft die Räumungsak­tion bislang reibungslo­s. Obike sei seit Ende Juni aus dem Geschäft.

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Foto: dpa Rund 10 000 Leihfahrrä­der des Anbieters Obike warten in einer Lagerhalle auf ihre Abholung. In München und anderen Städten wachsen die Probleme.

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