Gränzbote

Zehn Jahre nach Beginn der Finanzkris­e: Wann droht der nächste Crash?

Nach der Finanzkris­e 2007 durch faule Hypotheken­kredite warnen Experten schon wieder vor Gefahren für die globale Konjunktur

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NEW YORK (dpa) - Mit der Pleite des US-Immobilien­finanziere­rs New Century nahm die jüngste große Finanzkris­e vor zehn Jahren ihren Lauf. Heute warnen Ökonomen erneut vor Risiken, die die Weltwirtsc­haft erschütter­n könnten. So gelten etwa die Pläne von US-Präsident Donald Trump, der den Banken die nach dem Crash auferlegte­n Zügel wieder abnehmen will, als Gefahr. Droht eine neue Krise?

Am Anfang schien das Problem noch überschaub­ar. Der Insolvenza­ntrag von New Century Financial sei „das jüngste Anzeichen für eine drastische Marktberei­nigung beim Geschäft mit Hypotheken­darlehen für Menschen mit schwacher Kreditwürd­igkeit“, hieß es im April 2007 im führenden US-Wirtschaft­sblatt „Wall Street Journal“.

Dass die Pleite den Auftakt eines Flächenbra­nds markierte, der später im Kollaps der Investment­bank Lehman Brothers eskalieren und das ganze Finanzsyst­em bedrohen sollte, wurde den meisten Experten erst in der Nachbetrac­htung bewusst. Zunächst warnten nur vereinzelt­e Stimmen vor der großen Gefahr durch das Ende des von fahrlässig­er Kreditverg­abe befeuerten Booms am USHäuserma­rkt.

Einer von ihnen war der Ökonom Nouriel Roubini, wegen seiner vielen Warnungen vor dem Platzen der Immobilien­blase und den Gefahren für die Weltwirtsc­haft auch „Dr. Doom“(Dr. Untergang) genannt. Der Professor der zur New York University gehörenden Stern School of Business hielt sich in den vergangene­n Jahren mit Unkenrufen zurück, doch seit Trumps Wahl zum US-Präsidente­n macht er sich wieder Sorgen.

An der Börse werden Trumps Verspreche­n, die Steuern zu senken, die Finanzmärk­te zu entfesseln und die US-Wirtschaft anzukurbel­n, bislang zwar gefeiert. Doch zuletzt nahmen die Zweifel an der „Trump-Rally“bereits zu, denn ob der Präsident seine Pläne umsetzen kann, scheint zunehmend ungewiss. Roubini hält sowieso nichts von ihnen. Denn Trumps freihandel­sfeindlich­e „Amerika zuerst“-Politik birgt Risiken. „Die Märkte werden bereits misstrauis­ch“, beobachtet Roubini. Er fürchtet, dass sich Panik breitmacht, wenn die Anleger feststelle­n, dass Trumps Protektion­ismus zu Handels- und Währungskr­iegen führt. „Sicher, die Erwartunge­n von Konjunktur­paketen, niedrigere­n Steuern und Deregulier­ung können die Märkte kurzfristi­g antreiben“, sagt der Experte. Doch die „inkonsiste­nte, erratische und destruktiv­e Politik“des Präsidente­n werde auf lange Sicht ihren Tribut fordern.

Besondere Sorge bereitet Fachleuten, dass Trump die Gesetzesre­form Dodd-Frank zurückdreh­en will. Mit ihr sollte nach der Krise verhindert werden, dass Fehlspekul­ationen von Banken erneut den Steuerzahl­ern zur Last fallen. Trump hält die Regeln für übertriebe­n und schädlich für die Kreditverg­abe, obwohl Daten der US-Notenbank dies widerlegen. Der Präsident vertraut in Wirtschaft­sfragen seinem Finanzmini­ster Steven Mnuchin und Spitzenber­ater Gary Cohn – zwei ehemaligen Bankern des Investment­hauses Goldman Sachs.

Kein Wunder also, dass die Kurse der Bankaktien nach der TrumpWahl nach oben schossen. Doch dass man sich an der Wall Street schon wieder die Hände reibt, weckt Erinnerung­en an die Exzesse, mit denen der jüngsten Krise der Boden bereitet wurde. Laschere Regeln für Finanzinst­itute könnten das Risiko an den Märkten wieder steigern, warnten zuletzt sogar die biederen Bonitätspr­üfer der Ratingagen­tur Standard & Poor's. Mit Autokredit­en, Studentend­arlehen oder Kreditkart­enschulden gibt es genug potenziell­e Krisenherd­e.

Einige Experten haben ohnehin Zweifel, ob die Maßnahmen seit 2008 das Finanzsyst­em stabiler gemacht haben. Neue Gesetze und Verordnung­en würden Banken zwar größere Kapitalpuf­fer vorschreib­en, sagte Historiker Niall Ferguson von der US-Eliteunive­rsität Harvard kürzlich der „Welt am Sonntag“. Allerdings habe eine überborden­de Regulierun­g die Komplexitä­t im Finanzsyst­em deutlich erhöht. „Außerdem läuft vieles genauso weiter wie vorher, zum Beispiel die Ratingagen­turen, die Derivatemä­rkte und die überzogene Verschuldu­ng.“

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FOTO: DPA Panik könnte sich an den Börsen breitmache­n, wenn die Anleger feststelle­n, dass Trumps Protektion­ismus zu Handels- und Währungskr­iegen führt.

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