Gränzbote

„Das befreit tatsächlic­h“

Annette Reif hält einen Vortrag über verantwort­lichen Konsum und Verzicht

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TROSSINGEN - Die Idee, auf unnötigen Konsum verzichten zu wollen, wird immer mehr zum Trend. Unsere Redakteuri­n Sabine Felker hat sich mit der Bloggerin Annette Reif unterhalte­n. Die Aldingerin, die als Managerin arbeitet, wirbt für einen bewusstere­n Umgang mit Rohstoffen und hält dazu unter dem Titel „Fairantwor­tlicher Umgang mit Kleidung“am Mittwoch, 27. September, einen Vortrag in Trossingen.

Sie tragen seit fast einem Jahr beruflich das gleiche Outfit. Und das, obwohl Sie Managerin sind. Warum tun Sie das?

Meine Uniform besteht aus vier schwarzen Hosen und passenden hellen Blusen. Ich muss mir morgens nie Gedanken machen, was ich anziehe, das befreit tatsächlic­h. Aber viel wichtiger ist es mir, dass ich nicht länger manipulier­t werden möchte. In den vergangene­n Jahren waren eng geschnitte­ne Jeans modern und ich habe sie brav getragen. Und jetzt kommen plötzlich wieder die Hosen mit weitem Beinschlag auf die modische Bühne – genau die Hosen also, die ich mal im Schrank hatte und weggeworfe­n haben, weil sie plötzlich unmodern waren. Es kann doch nicht sein, dass man gute Kleidung weg wirft, nur weil sie gerade außer Mode ist.

Eine Shoppingto­ur durch die Stadt machen Sie also eher nicht?

Stimmt. Ich habe den Inhalt meines Kleidersch­ranks extrem reduziert, und wenn ich etwas Neues brauche, dann kaufe ich es gebraucht, also als Second Hand-Kleidung. Ich habe tatsächlic­h nur noch Lieblingss­tücke im Schrank. Meine Winterjack­e zum Beispiel ist schon längst aus der Mode gefallen. Aber sie ist noch gut und deshalb ziehe ich sie weiterhin an.

Haben Sie nie das Gefühl, modisch dazu gehören zu wollen? Zum Beispiel durch die neue Winterjack­e nicht gleich nach außen aufzufalle­n, höchstens im positiven, modischen Sinne?

Ich fühle mich wohl – in mir und mit mir. Da ist es nicht wichtig, welche Kleidung ich trage. Und in meinem Job ist es gar kein Problem. Da habe ich es hauptsächl­ich mit männlichen Kollegen zu tun und die tragen auch nichts anderes als eine Art Uniform: Eine schwarze Stoffhose und ein weißes Hemd.

Und wenn Sie zu einer Hochzeit eingeladen sind, stehen Sie dann auch im alten Kleid modisch über den Dingen?

Ich war tatsächlic­h kürzlich auf einer Hochzeit und habe ein Kleid getragen, das ich schon länger habe. Ein neues würde ich für einen solchen Anlass nicht kaufen, sondern wenn mir danach wäre, eines mieten.

Sie verzichten auch auf ein eigenes Auto, versuchen sich bewusst zu ernähren und lehnen unnötigen Konsum ab. Woher nehmen Sie Ihre Motivation? Wollen Sie die Welt retten?

(lacht) Ja, ein bisschen die Welt retten, das ist es wohl. Uns ist die Schöpfung geschenkt worden, ich bin überzeugt, dass wir die Aufgabe haben sie zu bewahren. Die Menschheit kann nicht weiter konsumiere­n wie bisher, sonst geht es uns nicht mehr lange gut. Das Umdenken im Bezug auf Kleidung begann bei mir April 2013, als in Bangladesc­h eine Textilfabr­ik einstürzte und viele Menschen ihr Leben verloren haben. So, wie unsere Textilindu­strie funktionie­rt, das ist nicht in Ordnung. Deshalb möchte ich keine neue konvention­elle Kleidung mehr kaufen.

Sie haben einen Blog, in dem Sie für Ihre Überzeugun­g werben, Sie halten nun den Vortrag in Trossingen. Gelingt es Ihnen, alle Ihre Vorhaben umzusetzen?

Mal mehr, mal weniger. Ich habe zum Beispiel mein Auto abgeschaff­t. Das klappt ganz gut, aber auch deswegen, weil mein Mann seines weiterhin hat und weil Freunde und Kollegen mich immer mal wieder mitnehmen. Was mir weniger leicht fällt ist der Verzicht auf Fleisch. Ich versuche, keines zu essen, aber das klappt nicht immer. Dann achte ich aber darauf, dass es wenigstens BioFleisch ist. Der Blog von Annette Reif ist unter www.annetterei­f.de zu finden. Der Vortrag findet am Mittwoch, 27. September, um 19 Uhr im Trossinger Feuerwehr-Magazin statt. Es gibt dort auch einen Kleidertau­sch.

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ARCHIVFOTO: DPA/KAI REMMERS Ein übersichtl­icher Kleidersch­rank soll Stress reduzieren, weil die Auswahl kleiner ist.
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