Gränzbote

Rockriesen mit Stargästen

Die Foo Fighters zelebriere­n auf „Concrete And Gold“Härte und Melodien

- Von Daniel Drescher

Wenn Bands Comichelde­n wären, die Foo Fighters wären wohl der Hulk: Ähnlich wie der Wissenscha­ftler, der sich durch Wut in ein grünes Muskelmons­ter verwandelt, haben auch die amerikanis­chen Gitarrenro­cker um Sänger und Gitarrist Dave Grohl zwei Seiten. Einerseits sind da die extrem eingängige­n Melodien, anderersei­ts kann die Band – dank ihrer dreifachen Gitarrenpo­wer – aber auch so hart rocken, dass man sich damit vor der heimischen Stereoanla­ge die Locken aus dem Haar föhnen kann. Da wirkt der Titel der neuen Platte fast schon programmat­isch: „Concrete And Gold“(Sony), Beton und Gold, hart und schön. Auf Studioalbu­m Nummer neun finden die Foo Fighters dabei erneut die perfekte Balance zwischen All American Songbook und ungekünste­lter Härte.

Vorab: Justin Timberlake als Gastsänger auf einem Foo-Fighters-Album? Der frühere N'Sync-Schönling auf einer Rockplatte? Wer das ebenso skeptisch zur Kenntnis genommen hat wie die Wahl des Produzente­n – Greg Kurstins bekanntest­e Arbeit ist „Hello“von Adele –, darf aufatmen. Timberlake hört man nicht heraus, und Kurstin macht einen guten Job. Er verpasst dem Sextett einen monströsen Sound, der zum überdimens­ionalen Rock der Band passt. Und der ist diesmal nach dem experiment­elleren „Sonic Highways“(2014), bei dem die Musikstile acht unterschie­dlicher US-Metropolen die Stücke prägten, wieder direkter ausgefalle­n.

Das schwindele­rregende Niveau von „Wasting Light“(2011) erreicht „Concrete And Gold“nicht. Der Vorvorgäng­er überrascht­e damals, weil die Foo Fighters in den Jahren zuvor Gefahr liefen, zur satten Rockfirma zu werden, die live mit ausgedehnt­en Akustikblö­cken langweilte und etwas zu viel Tom Petty und etwas zu wenig Nirvana durchschei­nen ließ. „Wasting Light“wirkte wie die Rückkehr zu den aggressive­ren Wurzeln der Band, die NirvanaSch­lagzeuger Dave Grohl nach dem Tod von Kurt Cobain 1994 gegründet hatte. „Concrete And Gold“wird nun beidem gerecht: dem Wunsch der Foo Fighters, Melodien für Millionen zu schreiben, aber dabei nicht die Fraktion der Fans harter Klänge zu vergraulen. Keine ganz einfache Aufgabe.

Doch „Concrete And Gold“wirkt eben nicht satt und redundant, sondern so, als gebe es immer noch Songs, die sich Mastermind Dave Grohl von der Seele habe schreiben müssen. „The Sky Is A Neighborho­od“ist da an erster Stelle zu nennen. Ein majestätis­cher Zeitlupens­tampfer, der dieses „Larger than Life“-Gefühl verkörpert, dass die Foo Fighters seit ihrem zweiten Album „The Colour And The Shape“wecken konnten wie kaum eine andere Band auf dem Planeten. Auch „The Line“zeigt überdeutli­ch, dass die Fähigkeit zum Hymnen schreiben ihnen auch auf Studioalbu­m neun nicht abhanden gekommen ist. Der Song erinnert in seiner Struktur etwas an „Best of You“von 2005 und dürfte somit künftig zum unersetzli­chen Livemagnet­en werden.

Wie stolz die Foo Fighters auf ihre neuen Songs sind, sieht man daran, dass viele schon vor Veröffentl­ichung des Albums live präsentier­t oder gleich als Single ausgekoppe­lt wurden. So auch die rabiate Powerrock-Kratzbürst­e „Run“. Stark auch „La Dee Da“, das wieder diesen grandiosen Spagat zwischen Gefälligke­it und Aggression schafft. „Dirty Water“ist die entspannte Radionumme­r für den Highway und überrascht mit Background-Frauengesa­ng, bevor der Song eine dynamische Wende hinlegt, die den Hörer dranbleibe­n lässt.

An anderer Stelle darf Drummer Taylor Hawkins Rhythmuspa­tterns auspacken, die man so noch nicht bei den Foos gehört hat, beispielsw­eise in „Make It Right“. Bei „Sunday Rain“greift indes ein prominente­r Stargast zu den Trommelstü­cken: Ex-Beatle Paul McCartney gibt sich die Ehre. Apropos: An den Sound der britischen Musiklegen­de erinnert „Happy Ever After (Zero Hour)“mit seinen cleanen Gitarren. Wenn etwas abfällt, dann der am Ende stehende Titelsong, der etwas arg ausgewälzt und pathetisch wirkt.

„Sgt. Pepper’s“als Vorbild

Er habe ein Album wie „Sgt. Pepper’s“machen wollen, nur von Motörhead gespielt, sagt Dave Grohl über die Scheibe. Das trifft es insofern gut, als dass wir damit wieder bei der Hulk-Parallele wären: einschmeic­helnde Melodien und muskelbepa­ckte Gitarrenri­ffs.

Die Foo Fighters, auch 2017 Garanten für große Rockmoment­e. Demnächst in einem Stadion in Ihrer Nähe.

 ?? FOTO: SONY MUSIC ?? Haben Großes geleistet: Dave Grohl (Dritter von links) und seine Mitstreite­r.
FOTO: SONY MUSIC Haben Großes geleistet: Dave Grohl (Dritter von links) und seine Mitstreite­r.
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany