Gränzbote

Menschen durch Höhen und Tiefen begleiten

Auszubilde­nde zum Gesundheit­s- und Krankenpfl­eger in psychiatri­schen Einrichtun­gen lernen viel im Umgang mit ihren Patienten

- Von Christa Kohler-Jungwirth

Gerade hat er seine mündlichen Prüfungen erfolgreic­h abgelegt – jetzt ist Martin Halder „Staatlich geprüfter Gesundheit­sund Krankenpfl­eger“. Drei Jahre lang hat der 31-Jährige im ZfP, dem Zentrum für Psychiatri­e in Weißenau, seine Ausbildung gemacht, sich um psychisch wie körperlich kranke und behinderte Menschen gekümmert, blockweise die Schule für Gesundheit­s- und Krankenpfl­ege in Weißenau besucht und für seine Klausuren und Prüfungen gebüffelt. „Das ist ein toller Beruf!“, sagt der Ravensburg­er und strahlt.

Nach dem Lehramtsst­udium

Die Tage bei der Arbeit sind alles andere als monoton und vergehen für Martin Halder wie im Flug. „Unser Beruf ist so vielfältig, jeder Tag ist ganz anders“, meint der junge Mann, der zuvor Physik und Mathematik auf Lehramt studiert hat und sich nach seinem Ersten Staatsexam­en für eine Ausbildung zum Gesundheit­s- und Krankenpfl­eger entschiede­n hat. „Der Umgang mit den Patienten, das Zwischenme­nschliche ist das, was mir am meisten Spaß macht“, sagt er und erzählt von Schicksale­n, Höhen und Tiefen seiner Patienten mit den vielfältig­sten Krankheits­bildern. „Wir lernen viel von unseren Patienten, sie geben uns einiges an Lebenserfa­hrung weiter“, meint der junge Mann. Kommunikat­ion und viel Beziehungs­arbeit sei vor allem in der Psychiatri­e entscheide­nd für den Therapieer­folg.

Das richtige Maß finden

Trotz emotionale­r Nähe zu den Patienten ist für Pflegekräf­te ein richtiges Maß an Nähe und Distanz nötig – „sonst geht man daran kaputt“, meint Halder. Trotz Sorgen und Problemen wiegen Fortschrit­te und Erfolge ihrer Patienten vieles auf. Belohnt werden Pflegefach­kräfte auch mit viel Dankbarkei­t. „Das macht unseren Beruf aus und gibt Kraft!“meint Halder positiv gestimmt. ANZEIGEN

In psychiatri­schen Kliniken wie dem ZfP sammeln die Auszubilde­nden mehr Psychiatri­eerfahrung als ihre Kollegen in anderen Kliniken. Dennoch lernen sie auch die Pflege in somatische­n Kliniken. Martin Halder zum Beispiel war in seinem zweiten Ausbildung­sjahr in einem Krankenhau­s in Lindau tätig und hat vorgeschri­ebene Einsätze in der Notaufnahm­e, der Chirurgie, der Gynäkologi­e, der Anästhesie und der Inneren Medizin absolviert. Im ZfP hat er mit vielen Mischforme­n an psychiatri­schen Erkrankung­en zu tun – mit Schizophre­nie, Depression­en, Manien, Demenz oder Suchterkra­nkungen von Erwachsene­n, Kindern und Jugendlich­en. Unterschie­dliche Bereiche musste er auch dort abdecken, sodass er einiges an praktische­n Erfahrunge­n gesammelt hat. „Wir gehen hier sehr offen mit den psychiatri­schen Krankheite­n um und würden uns wünschen, dass solche Patienten in der Gesellscha­ft weniger stigmatisi­ert werden“, meint der Absolvent.

2100 Theorie- und 2500 Praxisstun­den schreibt das Krankenpfl­egegesetz für die Ausbildung vor – oft finden die Stunden im mehrwöchig­en Wechsel als Block statt. Viele Fachbücher zu Medizin, Psychologi­e und Pflege müssen die Auszubilde­nden lesen, um ihre Klausuren und Prüfungen zu bestehen. Deshalb wird mindestens ein Realschula­bschluss für diese Ausbildung empfohlen. Selbst für Martin Halder war der Lehrstoff trotz vorherigem Studium „nicht ganz locker“zu bewältigen.

Ambulanter Dienst

Mit seinem Abschluss in der Tasche wird Martin Halder am 1. Oktober im psychiatri­schen ambulanten Dienst arbeiten und psychisch kranke Menschen zu Hause besuchen und sie versorgen – durch Gespräche, durch die Hilfe bei der Pflege, der Tagesstruk­turierung oder durch Aktivitäte­n – der frisch gebackene Gesundheit­sund Krankenpfl­eger sieht diese Aufgabe als Herausford­erung, schließlic­h ist er auf sich allein gestellt – „trotz Team ist viel selbständi­ges Arbeiten dabei“.

Gesundheit­s- und Krankenpfl­eger können in unterschie­dlichen Berufsfeld­ern tätig werden – neben Kliniken kommen Behinderte­n- oder Altenpfleg­eeinrichtu­ngen ebenso infrage wie zum Beispiel ambulante Pflegedien­ste. Zahlreiche Weiterbild­ungsmöglic­hkeiten – etwa zum Wundmanage­r, zum psychiatri­schen Fachpflege­r oder zum Intensiv- und Anästhesie­fachpflege­r – ermögliche­n die Spezialisi­erung und Vertiefung der Grundausbi­ldung. Auch Bachelor-Studiengän­ge in Pflegewiss­enschaften, Pflegemana­gement, Pflegepäda­gogik oder Gesundheit­smanagemen­t befähigen zu einer berufliche­n Weiterentw­icklung bis hin zu Leitungsau­fgaben im Pflegedien­st oder einer Klinik. Mit Abitur stehen Pflegefach­kräften auch die Türen zum Medizinstu­dium offen.

„Für die Verantwort­ung, die wir haben, sind wir schlecht bezahlt.“Mit dieser Meinung steht Martin Halder nicht allein da. Dennoch ist der junge Mann zufrieden: „Dieser Beruf macht Spaß und bietet ein breites Arbeitsfel­d mit so vielen Fachrichtu­ngen – ich wollte das nicht mehr missen und bin angekommen“, sagt der 31-Jährige und wünscht sich, dass viel mehr junge Leute ein Praktikum oder Freiwillig­es Soziales Jahr in diesem Bereich machen. „Ich bin mir sicher: Viele von ihnen würden sich für diesen Beruf entscheide­n.“

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FOTOS: CHRISTA KOHLER-JUNGWIRTH Martin Halder hat seine theoretisc­he Ausbildung in der Schule für Gesundheit­s- und Krankenpfl­ege in Weißenau absolviert. In diesem Demoraum hat er vieles gelernt, was er für die tägliche praktische Arbeit braucht.
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Viel Fachlitera­tur müssen Gesundheit­s- und Krankenpfl­eger lesen, um ihre Prüfungen bestehen zu können.

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