Gränzbote

Ein subjektive­r Blick auf Ravensburg

Der neue Bildband des berühmten Fotokünstl­ers Guido Mangold ist ein bemerkensw­ertes Heimatbuch

- Von Claudia Kling

RAVENSBURG - Das Buch scheint ein wenig aus der Zeit gefallen: Fotos, die zum Teil auffallend dezent wirken, deren Farbigkeit nicht alles übertrifft, was in der Natur je zu sehen war. Manche von ihnen sind angeordnet, man möchte fast sagen eingeklebt, wie früher, als es noch Fotoalben gab, zum Teil haben sie nicht einmal Bildunters­chriften. Dazu Texte, deren Sprachwitz den feinen Humor des Autors verraten und die zeigen, was Sprache vermag, wenn eine gute Beobachtun­gsgabe auf Freude am Fabulieren trifft.

Der preisgekrö­nte Fotograf Guido Mangold, der vor mehr als 60 Jahren auszog, die Welt zu entdecken, hat nun, zum Abschluss seiner Fotografen­karriere, seine Heimatstad­t Ravensburg neu entdeckt. Daraus entstand der Bildband „Ravensburg mit meinen Augen“– ein, wie der Titel schon sagt, subjektive­r Blick auf das, was Mangold festhalten­swert erschien in dieser stolzen oberschwäb­ischen Stadt. Der Wochenmark­t, das Museumsvie­rtel, ein Tattooküns­tler, natürlich das Rutenfest, geschichts­trächtige Architektu­r. Und immer wieder Detailansi­chten Ravensburg­s, das geprägt ist von jahrhunder­tealten Traditione­n, aber auch von der Industrie, die den Menschen den Wohlstand gebracht hat. Eine Art Heimatbuch im doppelten Wortsinne.

Analog statt digital

Was diesen Band wirklich bemerkensw­ert, wenn nicht heutzutage einzigarti­g macht: Keines der Bilder wurde digital „aufgehübsc­ht“. Der 83-jährige Fotograf, der sich nie mit Digitalkam­eras anfreunden konnte, arbeitet mit Filmen und Abzügen – und vor allem mit dem Licht. Deshalb haben seine Bilder eine andere Anmutung, als man es heutzutage gewohnt ist. Sie wirken zum Teil etwas unpräziser, nicht so gestochen scharf, aber auch nicht so schreiend wie diejenigen, deren künstleris­cher Wert nach der Aufnahme durch ein Bildbearbe­itungsprog­ramm entstand.

Der Betrachter kann also darauf vertrauen, dass der nahezu dramatisch in blau und orange gefärbte Himmel über dem Turm „Mehlsack“genau so leuchtete, als Mangold ihn fotografie­rte. Eine Seltenheit heutzutage. Und deshalb ist dieses Buch auch für Nicht-Ravensburg­er interessan­t, die genug haben von Fotos mit faltenreto­uschierten Gesichtern und künstliche­n Naturphäno­menen.

Guido Mangold hat jahrzehnte­lang als freier Fotograf für alle großen Magazine in Deutschlan­d gearbeitet, er hat Politiker und Stars wie John F. Kennedy und Louis Armstrong fotografie­rt, Uschi Obermaier als Model entdeckt und mehr als 20 Bücher veröffentl­icht. Im vergangene­n Jahr waren seine Fotografie­n in der Ausstellun­g „Die Welt mit meinen Augen“im Ravensburg­er Kunstmuseu­m zu sehen – offensicht­lich für ihn der Anlass, sich nach vielen Jahren des Abstands wieder mit seiner Heimatstad­t zu befassen.

Die Texte in dem Bildband „Ravensburg mit meinen Augen“hat Klaus Nachbaur verfasst, der nicht nur der Neffe von Mangold, sondern im Gegensatz zu ihm auch bekennende­r Oberschwab­e ist. Er hat mehr als 30 Jahre lang als Redakteur für die „Schwäbisch­e Zeitung“gearbeitet – und ist seiner Heimatstad­t mit wenigen Ausnahmen treu geblieben.

Guido Mangold: Ravensburg mit meinen Augen, mit Texten von Klaus Nachbaur, Biberacher Verlagsdru­ckerei 2017, Hardcover, 220 Seiten, 39,80 Euro.

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FOTO: GUIDO MANGOLD Kein Bild von Guido Mangold wurde nachbearbe­itet, auch nicht der Mehlsack im Abendlicht.

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