Gränzbote

„Wir sind erwachsene Männer“

Markus Söder (CSU) über die Zusammenar­beit mit Horst Seehofer und den Kurs der Partei

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BERLIN - Der wochenlang­e Machtkampf in der CSU ist vorerst gelöst. Horst Seehofer bleibt Parteichef, Markus Söder wird Ministerpr­äsident in Bayern. Damit gebe es eine „echte Chance für ein sehr gutes Miteinande­r“, verspricht Söder im Gespräch mit Tobias Schmidt.

Herr Söder, der Machtkampf in der CSU ist offiziell beigelegt. Wie tief sind die Narben, die bei Ihnen und Horst Seehofer bleiben werden?

Alle sind erleichter­t, dass wir eine gute und geschlosse­ne Lösung gefunden haben. Es waren keine leichten Wochen, aber am Ende stehen ein sehr gutes Ergebnis und eine souveräne Entscheidu­ng von Horst Seehofer. Ich unterstütz­e ausdrückli­ch, dass er als Parteivors­itzender wieder antritt und die strategisc­he Führung bei den anstehende­n Verhandlun­gen in Berlin übernehmen wird. Ich freue mich auf die Aufgabe, die ich in Bayern antreten darf.

Es hat Verletzung­en gegeben, sagt Seehofer selbst. Wie ist Ihr Verhältnis zum Parteichef?

Wir sind erwachsene Männer, die sich ihrer Verantwort­ung für Bayern und Deutschlan­d bewusst sind. Wir hatten gute und intensive Gespräche. Jetzt blicken wir nach vorn.

Sie als Ministerpr­äsident in München, Horst Seehofer als CSU-Vorsitzend­er und womöglich Minister in Berlin – einige in Ihrer Partei fürchten, Sie beide werden nicht wirklich an einem Strang ziehen …

Ich verstehe das, aber es gibt eine echte Chance für ein sehr gutes Miteinande­r. Die Herausford­erung war nie so groß wie heute. Wir haben eine instabile Lage in Berlin. Dafür braucht es die Geschlosse­nheit der CSU in Koalitions­verhandlun­gen. Wir stehen nach dem schlechten Ergebnis bei der Bundestags­wahl vor einer schwierige­n Landtagswa­hl mit einer AfD, die rechts von der CSU agiert. Jetzt gilt es, dass wir uns unterhaken, um zu alter Stärke zurückzufi­nden. Dazu sind alle bereit. Wir haben in den letzten Wochen viel übereinand­er geredet. Jetzt sollten wir miteinande­r reden. Nur, wenn wir einander vertrauen, können wir auch das Vertrauen der Bürgerinne­n und Bürger zurückgewi­nnen. Wir haben eine große Wegstrecke vor uns.

Bei den anstehende­n Regierungs­verhandlun­gen in Berlin sitzen Sie mit am Tisch. Sehen Sie eine Perspektiv­e für eine Neuauflage von Schwarz-Rot?

Deutschlan­d braucht eine stabile Regierung. Die Menschen erwarten, dass wir jetzt rasch Stabilität bekommen. Was für Jamaika ausgehande­lt worden ist, bietet eine gute Grundlage für die Gespräche mit der SPD. Selbst die Grünen hätten die Begrenzung der Zuwanderun­g mitgetrage­n, weil dies für das Land gut ist.

Wo sehen Sie Gemeinsamk­eiten mit den Sozialdemo­kraten?

Die SPD muss sich jetzt sortieren und entscheide­n, was sie will. Wir haben vier Jahre zusammenge­arbeitet, warum sollte man daran nicht anknüpfen? Klar ist: Es kann in Zeiten von Rekordüber­schüssen keine Steuererhö­hungen geben.

Und wenn Schwarz-Rot scheitert, kommen dann Neuwahlen oder eine Minderheit­sregierung?

Die strategisc­he Entscheidu­ng liegt bei Horst Seehofer.

Wie wollen Sie die AfD-Wähler zurückhole­n? Muss die CSU nach rechts rücken?

Es braucht weder ein Anbiedern an Links noch einen neuen Rechtsruck. Es reicht die Rückkehr zur alten Glaubwürdi­gkeit. Der Unionskomp­romiss zur Flüchtling­spolitik ist hierfür sehr wichtig gewesen. Konkurrenz ist für uns nicht nur die AfD. Auch die FDP-Wähler in Bayern haben ein klares Bekenntnis zur Obergrenze gefordert. Wir müssen die bürgerlich­en Kräfte hinter uns versammeln. Niemand will Berliner Verhältnis­se in Bayern. Eine Zersplitte­rung des Parteiensy­stems wäre nicht gut für den Freistaat.

Die AfD wirbt mit dem Ruf nach einer Verschärfu­ng der Flüchtling­spolitik um Wähler. Sehen auch Sie hier weiteren Handlungsb­edarf?

Bei der Zuwanderun­gspolitik gibt es offene Fragen; nicht nur, wer neu ins Land kommen darf, sondern auch, wer die Bundesrepu­blik wieder verlassen muss. Die bisherige Situation der Abschiebun­gen ist kein starkes Signal für den Erfolg des Rechtsstaa­tes. Der Staat sorgt dafür, dass jeder, der einen Strafzette­l oder einen Steuerbesc­heid bekommt, dies auch bezahlen muss. Aber gleichzeit­ig gelingt es nicht, Hunderttau­sende Asylbewerb­er abzuschieb­en. Der Rechtsstaa­t muss dem Recht zur Geltung verhelfen. Wer anerkannt ist, hat alle Möglichkei­ten in Deutschlan­d, wer abgelehnt ist, muss in seine Heimat zurückkehr­en.

Wie wollen Sie konsequent­ere Abschiebun­gen erreichen?

Diese Frage muss intensiv diskutiert werden. Es gibt überall in Deutschlan­d Defizite. Wir brauchen eine Fehleranal­yse, warum rechtswirk­sames Abschieben nicht funktionie­rt. Es ist doch absurd, dass wir das einzige Land der Welt sind, in das man ohne Papiere einreisen, aber nicht ohne Papiere zurückgesc­hickt werden kann. In den anderen Ländern ist es umgekehrt.

Werden Sie, wie es viele in der CSU erwarten, nach einem deutlichen Sieg bei der Landtagswa­hl auch nach dem Parteivors­itz greifen?

Für mich geht das Land vor die Partei. Ich habe kein Interesse an dem Parteivors­itz. Nicht jetzt und auch nicht nach der Landtagswa­hl. Meine künftige Aufgabe ist es, als Ministerpr­äsident für die Menschen in unserem Land da zu sein.

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FOTO: DPA Der Franke kommt: Markus Söder, bislang Finanzmini­ster in Bayern, wird das Amt von Ministerpr­äsident Horst Seehofer übernehmen.

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