Gränzbote

Das Wichtigste im Blick

- Von Sabine Lennartz s.lennartz@schwaebisc­he.de

Es gibt sie noch, die guten Überraschu­ngen. Die Sondierer haben sich 24 Stunden lang gequält, die Kanzlerin hat länger verhandelt als über das Minsker Friedensab­kommen, und das Ergebnis ist überzeugen­d. Die größten Chancen einer neuen Großen Koalition werden beherzt genutzt: mehr Gerechtigk­eit, mehr Investitio­nen und Schnelligk­eit bei der Gestaltung der Zukunft und der Sicherheit, vor allem aber ein neuer Anlauf für Europa.

Auch die letzte Große Koalition hat Deutschlan­d nicht schlecht regiert. Doch die Parteien haben Federn gelassen, sie hatten sich untereinan­der keine Erfolge zugestande­n und kamen gemeinsam nicht als geschlosse­ne und gute Regierung rüber, vor allem nicht als eine Regierung mit klaren Zielen.

Das könnte sich jetzt ändern. Die Botschaft der Wähler wurde verstanden. Das Sondierung­spapier enthält Verspreche­n für Familien und für eine sicherere Rente, für den Wohnungsba­u, mehr Arbeitsplä­tze und eine gute Pflege. Es stellt leichte Entlastung­en beim Soli in Aussicht, auch wenn man sich mehr hätte vorstellen können. Vor allem aber sieht es Investitio­nen für den Ausbau der digitalen Entwicklun­g vor, sowohl in der Infrastruk­tur als auch in den Schulen. Wenn das Kooperatio­nsverbot quasi fällt, wird es den Ländern etwas Macht nehmen, aber Schüler stärken.

Das Wichtigste aber ist der neue Aufbruch für Europa. Denn das Zeitfenste­r ist vielleicht nur klein. Mit Frankreich­s Präsident Emmanuel Macron, mit einem leidenscha­ftlichen Europäer wie Martin Schulz und einer weniger leidenscha­ftlichen, aber überzeugte­n Europäerin Angela Merkel hat die deutsch-französisc­he Lokomotive wieder die Chance, Fahrt aufzunehme­n. Um gemeinsam jenen Wohlstand und Frieden, den Europa sichert, zu erhalten. Viele merken es nicht, wie sehr Deutschlan­d von Europa profitiert. Aber sie würden, so wie jetzt die Briten, schnell feststelle­n, wenn es nicht mehr so wäre. Ob der Spitzenste­uersatz hochgesetz­t wird oder der Soli zu langsam abgebaut wird, das sind gegen Europas Zusammenha­lt und Stärke vernachläs­sigbare Größen.

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