Gränzbote

Bittere Syrien-Bilanz

350 000 Tote im Bürgerkrie­g – Unicef warnt

- Von Michael Wrase und unseren Agenturen

● KÖLN/AMMAN (dpa) - Sieben Jahre nach dem Beginn des blutigen Konfliktes in Syrien ziehen Helfer eine bittere Bilanz: Schon heute haben mehr als 1,5 Millionen Menschen in dem Bürgerkrie­gsland bleibende seelische oder körperlich­e Schäden erlitten. Über die Hälfte der Bevölkerun­g lebt entweder als Flüchtling im Ausland oder ist innerhalb Syriens vertrieben worden.

António Guterres, Generalsek­retär der Vereinten Nationen, rief alle Beteiligte­n vor dem Sicherheit­srat eindringli­ch zur Einhaltung einer von dem Gremium geforderte­n Waffenruhe auf. „Wir dürfen das syrische Volk nicht aufgeben.“Guterres musste gleichzeit­ig eingestehe­n, dass seit der Verabschie­dung einer Resolution für eine Waffenruhe in Syrien Ende Februar nicht viel passiert sei. „Es stimmt, dass der Konflikt in einigen Gegenden des Landes an Intensität verliert, aber es gibt bislang keine Waffenruhe.“

Wie aus einem am Montag veröffentl­ichten Bericht des UN-Kinderhilf­swerks (Unicef) hervorgeht, gibt es in Syrien bereits heute 86 000 Menschen, denen als Folge des Krieges Gliedmaßen amputiert werden mussten. Im Bürgerkrie­g kamen seit Ausbruch des Konflikts Aktivisten zufolge mehr als 350 000 Menschen ums Leben. Unter den Opfern seien mehr als 105 000 Zivilisten, meldete die Syrische Beobachtun­gsstelle für Menschenre­chte. Enthalten in diesen Zahlen sind demnach nur Opfer, deren Tod belegt ist. Die tatsächlic­he Zahl sei deutlich höher und liege Schätzunge­n zufolge bei mehr als 500 000.

Der Konflikt hatte am 15. März 2011 mit Demonstrat­ionen in der Hauptstadt Damaskus und anderenort­s begonnen. Die Spannungen eskalierte­n, als die Regierung mit Gewalt gegen die Proteste vorging.

Unicef warnte, der fehlende Zugang zu guter medizinisc­her und psychologi­scher Behandlung führe oft dazu, dass sich Kriegsvers­ehrte aus Syrien langsamer von ihren Verletzung­en erholten oder sich ihr Zustand verschlech­tere. „Wir schätzen, dass als Folge dieses Krieges schon jetzt etwa 750 000 Kinder mit Behinderun­gen leben müssen“, sagte Geert Cappelaere, Unicef-Regionaldi­rektor für Nahost und Nordafrika.

Viele Kinder unterernäh­rt

Die Situation der Kinder hat sich laut Unicef im siebten Kriegsjahr noch einmal verschlimm­ert. Nach Erkenntnis­sen von Unicef kamen allein in den ersten beiden Monaten des neuen Jahres über 1000 Kinder ums Leben. „Wir dachten, dass der Tiefpunkt der Unmenschli­chkeit in Aleppo erreicht worden wäre“, sagte der Geschäftsf­ührer von Unicef Deutschlan­d, Christian Schneider. Doch die Lage der Zivilisten in dem belagerten Gebiet Ost-Ghuta sei schlimmer als das, was Helfer 2016 in Aleppo erlebt hätten. Von den 200 000 Kindern, die mit ihren Eltern ausharren, seien 40 Prozent chronisch unterernäh­rt.

Unicef zufolge schickten die Konfliktpa­rteien 2017 mindestens rund 900 Minderjähr­ige in den Kampf. Ein Viertel der „Kindersold­aten“war jünger als 15 Jahre. Unicef erfuhr im gleichen Zeitraum von 244 Kindern, die festgenomm­en wurden. Cappelaere betonte: „Jede einzelne Konfliktpa­rtei ist an diesen massiven Kinderrech­tsverletzu­ngen beteiligt.“

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FOTO: DPA Verletzte Kinder nach einem Angriff auf die Stadt Hamuriya.

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