Gränzbote

Alltagswer­ke von Bach

Dritte Geistliche Abendmusik in St. Gallus

-

TUTTLINGEN (sb) - Bei der dritten Geistliche­n Abendmusik in St. Gallus hat man ausschließ­lich Musik von Johann Sebastian Bach, nicht seine großen Werke, sondern quasi seinen Alltag, durch die Altistin Kerstin Wagner und den Organisten Bruno Hamm gehört.

Bach schrieb 69 geistliche Lieder für den Hausgebrau­ch, die Georg Christian Schemelli 1746 bei Breitkopf veröffentl­ichte. Hier lernte man Bachs inneres Wesen kennen. Über dessen Familienle­ben ist kaum etwas bekannt. Von seinen 20 Kindern (von zwei Frauen) lebten bei seinem Tod noch acht. Wie ihm bei Geburt und Tod seiner Kinder zu Mute war, ist nicht überliefer­t.

Doch in diesen Liedern ist dies zu erkennen. Wie selig ist „O Jesulein zart, dein Kripplein ist hart“vertont, so als schaute er auf das Neugeboren­e, was Bach ja 20-mal erlebt hat. Und wie herzergrei­fend ist sein Lied „Komm, süßer Tod“, in dem seine Trauer beim Tod seiner ersten Frau und dem von zwölf Kindern zu spüren ist.

Kerstin Wagner sang, als sei sie die Stimme Bachs, die er im Herzen beim Niederschr­eiben der Lieder fühlte. Mit starker Stimme sang sie zum Beispiel das sechste der zehn Lieder „Brich entzwei mein armes Herze“.

Bach war nicht immer mit großen Werken beschäftig­t. In den Jahren von 1731 bis 1741 schrieb er vier Bände, die er bescheiden Clavierübu­ngen nannte. Zumeist waren es komplizier­t komponiert­e Choralvors­piele für Orgel ohne Pedal, die wohl auch für den häuslichen Gebrauch gedacht waren. Bruno Hamm spielte zehn dieser Werke, mit wenigen Registern wie bei einer Hausorgel, klar und überlegen, so dass man den Verlauf der dichten kontrapunk­tischen Stimmführu­ng gut erkennen konnte.

So lernte man eine neue Seite des großen Komponiste­n in diesem Konzert kennen.

Den Abschluss der Geistliche­n Abendmusik­en bildet das Konzert am 18. März in Maria Königin.

Newspapers in German

Newspapers from Germany