Gränzbote

Strafzinse­n erreichen Kommunen

Steuerzahl­erbund: Geld lieber an die Bürger zurückflie­ßen lassen

- Von Oliver Schmale

STUTTGART (dpa) - Die anhaltende Niedrigzin­sphase auf den Kapitalmär­kten bekommen nun auch verstärkt die Kommunen im Südwesten zu spüren. Städte müssen teilweise auf große Guthaben bei Kreditinst­ituten Strafzinse­n zahlen, wie aus einer aktuellen Erhebung des Bunds der Steuerzahl­er hervorgeht.

„Es werden Ausgaben zum Teil in sechsstell­iger Höhe getätigt, aber ein direkter Nutzen für die Bürger steht dem nicht entgegen“, sagte Verbandsch­ef Zenon Bilaniuk. Dieser Vorgang sei ärgerlich. Die Organisati­on erhob die gezahlten Strafzinse­n für das vergangene Jahr von 57 Kommunen im Land, die mehr als 30 000 Einwohner haben.

Die Rangliste der Erhebung führte Tübingen an. Die Universitä­tsstadt zahlte 2017 den Angaben zufolge 139 719 Euro an Strafzinse­n. Für das laufende Jahr werden Ausgaben von 100 000 Euro erwartet. Bei Karlsruhe summierten sich die Ausgaben im vergangene­n Jahr auf 113 000 Euro. Bilaniuk sagte, Verursache­r dieser Problemati­k sei die EZB mit ihrer Niedrigzin­spolitik und den Strafzinse­n auf hohe Einlagen. Kreditinst­itute müssen derzeit 0,4 Prozent zahlen, wenn sie Geld bei der EZB parken.

Haben Kommunen zu viel Geld?

Bilaniuk: „Sie sorgt dafür, dass die Banken Schwierigk­eiten haben, sich zu refinanzie­ren.“Aus Steuerzahl­ersicht sei dieser Kurs fatal. Gewinner sei der verschulde­te Staat, der von den niedrigen Zinsen profitiere. „Verlierer sind die Steuerzahl­er, deren Vermögen sukzessive aufgezehrt wird.“

Der Steuerzahl­erbund sagte, eine Erklärung für die angefallen­en Negativzin­sen könne darin liegen, dass einzelne Kommunen über zu viel Liquidität verfügten. „Aber anstatt das Geld den Banken zu überweisen, wäre es besser, wenn das Geld über eine Senkung der Grund- und Gewerbeste­uer an die Bürger zurückgege­ben würde.“

Von Tübingen verlangte die erste Bank im April 2017 Negativzin­sen für Guthaben, wie eine Sprecherin mitteilte. Andere Institute zogen nach. „Anzumerken ist noch, dass je nach Hausbank Freibeträg­e gewährt werden, unter denen kein Verwahrent­gelt anfällt. Diese Freibeträg­e bewegen sich je nach Bank zwischen 250 000 und drei Millionen Euro.“

Auch Sparkassen halten Hand auf

Nicht nur die Großbanken verlangen die Strafgelde­r. Eine Sprecherin von Karlsruhe erklärte: „Ja, auch die Sparkassen und die Volks- und Raiffeisen­banken verlangen Verwahrent­gelte.“Baden-Baden musste 2017 laut der Erhebung 63 330 Euro zahlen, Freiburg 70 000 Euro, Mannheim hingegen nur 53 Euro und Stuttgart nichts.

Ein Sprecher des baden-württember­gischen Sparkassen­verbandes sagte, es gebe einige Sparkassen, die bei großen Vermögen von Kommunen – ebenso wie bei Unternehme­nskunden – Verwahrent­gelte verlangten. „Es gibt dazu aber keine Verbandsem­pfehlung oder Ähnliches. Jede Sparkasse gestaltet ihre Konditione­n selbststän­dig und unabhängig.“Der Gemeindeta­g geht davon aus, dass die Zahl der betroffene­n Kommunen zunehmen wird. Das sei nachteilig für die Kommunen.

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FOTO: DPA EZB in Frankfurt: Banken und Sparkassen müssen 0,4 Prozent zahlen, wenn sie Geld bei der Notenbank parken. Diesen Strafzins leiten sie an ihre Kunden weiter.

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