Cafeteria-Projekt gibt Halt und Stabilität
Psychosozialer Förderkreis hilft Menschen bei Rückkehr in „normalen“Alltag – Serie, Teil I
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TUTTLINGEN - Menschen mit psychischen Erkrankungen wieder Selbstvertrauen und Selbstbewusstsein geben und sie wieder in das Arbeitsleben eingliedern zu können – das hat sich der Psychosoziale Förderkreis Tuttlingen mittels verschiedener Projekte zur Aufgabe gemacht. Eines dieser Projekte, die in einer kleinen Serie vorgestellt werden, ist das „Kaffee Zeit“, die Cafeteria im Kreisklinikum in Tuttlingen.
Das Projekt in der Kreisklinik Tuttlingen startete im April 2005 und ist zu einem Erfolg geworden. Hier haben Personen, die aufgrund von Krankheit, Alter und anderen Hemmnissen aus dem Berufsleben ausgeschlossen sind, Menschen in prekären Lebenssituationen, oder junge Erwachsene nach einem missglückten Berufsstart, die Chance wieder in den „normalen“Alltag zurückzufinden. Unterstützt werden sie in Tuttlingen von vier verantwortlichen Mitarbeiterinnen: Lydia Jabs, Doris Haas, Antje Haring und Petra Köhn.
Regelmäßige Kontakte
„Momentan haben wir 30 Mitarbeiter im Projekt Kaffee Zeit“, sagt Werner Mayer, der beim Psychosozialen Förderkreis die „Fäden“für die Beschäftigung der hilfesuchenden Menschen in den Händen hält. „Wir haben hier täglich regelmäßige Besucher, hauptsächlich aus dem Umfeld. Pfleger, Schwestern, Ärzte, Mitarbeiter der Verwaltung, Besucher, Patienten, aber auch Gäste von außen, die uns einfach unterstützen wollen“, so Mayer. Gerade diese regelmäßigen Kontakte seien es, die für die hier beschäftigten Menschen besonders wertvoll sind, so Mayer. „Unseren Beschäftigten geben diese täglichen Kontakte ein Gefühl der Stabilisierung. Durch die Tätigkeit und Anerkennung werden sie dazu ermuntert, wieder an sich zu glauben. Sie fassen den Mut, nach vorne zu schauen und sind überzeugt, dass sie wieder gesund werden, sich wieder in den ersten Arbeitsmarkt integrieren können“, betont Mayer.
Eingeleitet werden die psychischen Erkrankungen oft durch langsam ansteigende prekäre Lebenssituationen wie Krankheit, Tod von Angehörigen, der Verlust des Arbeitsplatzes und daraus resultierend die Langzeitarbeitslosigkeit. „Viele von ihnen haben Angst, dass sie diesen Kreis nicht mehr verlassen können, manche geben dann auf. Sie schotten sich ab, gehen vor Angst, zu versagen nicht mehr raus, lassen sich gehen“, erzählt Werner Mayer, und genau da setzen und unterstützen die Projekte des Psychosozialen Förder- kreises an.
„Bei uns wird keiner abgewiesen, es kann sich hier jeder versuchen“, betont Mayer und erzählt wie toll es ist, wenn die Leute sagen „ich kann es wieder, ich bin wieder da. Vielleicht fehlt noch die Schnelligkeit, aber dies bekommen wir gemeinsam in den Griff. In unserer Konzeption müssen wir berücksichtigen, dass zunächst oftmals die Kommunikationsmöglichkeiten fehlen, dass die Sensibilität der einzelnen Personen aber sehr ausgeprägt ist.“
Die Hälfte der betreuten Personen bleibt etwa ein Jahr. „Wir haben aber auch eine Beschäftigte, die schon 13 Jahre dabei ist. Wir drängen niemanden, halten den Beschäftigungszeitraum offen. Jeder soll für sich entscheiden können wie lange er das Angebot in Anspruch nimmt, oder für sich selbst entscheiden, wie viele Stunden er in der Woche arbei- ten möchte. In der Regel sind es drei Stunden, es können aber auch 20 sein“, stellt Werner Mayer fest.
Zehn Prozent brechen ab
Es gibt auch Personen, „etwa zehn Prozent, die abbrechen. Aber auch das muss gestattet sein“, erklärt Mayer. Für diese würden dann andere Angebote gesucht, „denn wir wollen ja nicht den Charakter eines Menschen verändern. Wir wollen gemeinsam den Impuls wecken, der irgendwo im Inneren verschüttet war.
Dazu ist das Team aus „alten Hasen“und unseren Mitarbeitern optimal. Sie können sich gegenseitig viel geben. Jeder der bei uns Beschäftigten kann sich in seinem Tempo individuell entwickeln. Unser Arbeitsangebot ist ein wichtiges Element zur beruflichen Reha und Teilhabe. Es lohnt sich, jeder Einsatz ist gerechtfertigt“, sagt Werner Mayer.