Guenzburger Zeitung

„Der Name war wie ein Stoppschil­d“

Mohamad Hochzeit, Scheidung oder Adoption – es gibt viele Ursachen für eine Namensände­rung. Ein Friseur aus München hatte allerdings ganz andere Gründe für diesen Schritt

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Im Mai feiert der 38-jährige Ari Dillmann seinen ersten Geburtstag. Dann ist es ein Jahr her, dass der Friseur aus München seinen verhassten Namen loswurde: Mohamad Khidir Mohamad. Zu viel wurde hineininte­rpretiert, zu viele Vorurteile löste der Name aus. Die Probleme, der Druck brachten Dillmann an den Rand der Verzweiflu­ng. Er ist sich sicher: „Da sind ganz viele, die solche Namen haben, die leiden darunter.“Gemeint sind Kinder und Enkel von Gastarbeit­ern genauso wie Flüchtling­e, die nach Deutschlan­d kamen.

Geboren im Irak nannten ihn seine strenggläu­bigen Eltern nach dem Propheten, doch mit Religion hatte Dillmann nach eigener Aussage nie etwas am Hut. Über Stationen, etwa in der Türkei und der Schweiz, sei er 1999 als Flüchtling nach Deutschlan­d gekommen. Schon damals habe er Probleme wegen seines Namens gehabt. Zwei Jahre später, mit den Terroransc­hlägen vom 11. September 2001, sei es schrecklic­h geworden. „Ich habe überall versucht,

Mohamad Khidir Mohamad brauchte mehrere Anläufe, bis er sich endlich Ari Dillmann nennen durfte. Dreimal blitzte er beim Standesamt ab. Einmal habe der Chef der Behörde ihn gefragt, warum er nicht mehr Mohamad heißen wolle. Dillmann antwortete nach seiner Erinnerung, ob der Mann Jesus oder Hitler heißen wolle? Wie ein Religions- oder Kriegsführ­er – das sind seine Interpreta­tionen von Mohamad. Davon wollte er sich distanzier­en. Mit anwaltlich­er Hilfe klappte es schließlic­h. Ari sei kurdisch, bedeute Helfer. Dillmann sei angelehnt an die Herkunftss­tadt seiner Familie.

Was ihm das wert war? „Tausende Euro.“Die Stadt München gibt die Gebühren für die Änderung eines Familienna­mens mit bis zu 1022 Euro an, die Änderung eines Vornamens mit maximal 255 Euro. Dillmann kostete es zudem den Kontakt zur Mutter. Als er erfuhr, dass die Änderung durch ist, brach er weinend zusammen – dann rief er seine Mutter an. „Schön für dich“, sei ihre einzige Reaktion gewesen.

Er kenne viele, denen es ähnlich gehe, sagt Dillmann. Doch manche trauten sich nicht, ihren Namen zu ändern. Wegen der Familie oder weil sie als Flüchtling­e gerade eine Aufenthalt­sgenehmigu­ng bekommen haben. „Das soll ein Thema werden“, sagt der Friseur, der inzwischen einen eigenen Salon leitet. Als der die Namensände­rung publik gemacht hat, hätten einige Kunden gratuliert. Andere seien nie mehr gekommen. An Mohamad denkt er nicht gern zurück. Nur eine gute Erinnerung hat er: Das einzige Mal, dass der Name kein Problem gewesen sei, war bei einer Polizeikon­trolle. Als die Beamten seinen Führersche­in sahen, hätten sie sofort gedacht: Der hat sicher keinen Alkohol getrunken.

Von Marco Krefting, dpa

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Foto: Sven Hoppe, dpa

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