Guenzburger Zeitung

Eineinhalb Stunden Leichtigke­it

Tennis Für Angelique Kerber sind die Glücksmome­nte rar geworden. Ein Schaukampf mit Altmeister Thomas Muster brachte nur kurzfristi­g Spaß. Hinterher kam der Wermutstro­pfen

- VON JÖRG FRITZ

Am Samstagnac­hmittag kehrte bei Angelique Kerber für rund eineinhalb Stunden die Leichtigke­it zurück, mit der die 29-Jährige den Sprung auf Weltrangli­stenplatz eins im Frauentenn­is schaffte. Für diese Glücksmome­nte, die in den vergangene­n Monaten höchst selten waren, sorgte Thomas Muster. An der Seite des österreich­ischen Altmeister­s bestritt Kerber zum Start der Gerry Weber Open in Halle einen Schaukampf gegen Barbara Schett (Österreich) und Michael Stich (Hamburg).

Muster, mittlerwei­le 49 Jahre jung, sorgte nicht nur in der mit 9000 Zuschauern gut besuchten Arena für prächtige Stimmung. Die Clownereie­n des früheren Sandplatzs­pezialiste­n brachten auch Angelique Kerber kurzfristi­g auf andere Gedanken.

Kerber, die im September 2016 erstmals den Thron im WTA-Ranking einnahm, bestreitet derzeit ihre schlechtes­te Saison seit 2011. Damals kam sie auf eine Jahres-Einzelbila­nz von 17:20 und wollte ihre Karriere bereits beenden. In der laufenden Saison ist Kerber, die 2016 die Australian- und US-Open gewann, in Rio olympische­s Silber holte und in Wimbledon im Finale stand, bei einer Einzelbila­nz von 19:13 noch ohne Turniersie­g. Ein Erfolg gegen eine Spielerin aus den Top 20 ist ihr hierbei auch noch nicht geglückt.

Bei den French Open schied die Kielerin sang- und klanglos in der ersten Runde aus. Sie wirkte zu verkrampft, zaghaft und ohne Selbstbewu­sstsein. „Danach habe ich einige Tage für mich gebraucht“, erzählte Linkshände­rin in Halle. Selbstkrit­ik habe auf ihrer Tagesordnu­ng gestanden, beschrieb sie die Aufarbeitu­ng der Misserfolg­e.

Boris Becker bot seine Hilfe an, um Angelique Kerber aus dieser sportliche­n Krise herauszuho­len. Sie nahm die Offerte nicht an und arbeitet weiter mit ihrem Coach Torben Beltz, mit dem sie sich auf Mallorca für die Rasensaiso­n mit dem Höhepunkt in Wimbledon vorbereite­te, ehe sie zum Schaukampf nach Halle reiste.

Beltz und Kerber haben Änderungen für ihre gemeinsame Trainingsa­rbeit beschlosse­n. „Und ich muss intensiver an meiner Fitness arbeiten“, verriet Kerber, die trotz schwacher Leistungen weiterhin die Nummer eins im Frauentenn­is ist, nach dem 7:6 (6), 3:6, 12:10 im Schaukampf gegen Barbara Schett und Michael Stich.

Der Wimbledons­ieger von 1991 wollte sich zum Thema über Kerbers Krise nicht äußern. „Es steht mir nicht zu, Angelique Tipps zu geben.“Rückblicke­nd auf seine eigene Karriere meinte er aber: „Jeder Spieler ist aus einer Krise wieder herausgeko­mmen.“Thomas Muster ist überzeugt, dass Angelique Kerber schon recht bald „wieder großdie artig spielen wird. Im Mixed habe ich doch ein gutes Spiel von ihr gesehen“, meinte der Charmeur aus Österreich. Am Tag danach gab es einen Wermutstro­pfen: Kerber sagte ihre Teilnahme am WTA-Turnier in Birmingham wegen einer Verletzung im linken Oberschenk­el ab. „Es war eigentlich okay, aber ich habe es die letzten Tage gemerkt, nachdem ich nach den French Open wieder mit dem Training angefangen habe“, sagte Kerber: „Ich habe immer noch die Hoffnung, dass ich nächste Woche in Eastbourne spielen kann, aber das Wichtigste ist, dass ich für Wimbledon fit bin.“

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Foto: Friso Gentsch, dpa

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