Einfach zum Davonlaufen
VON SANDRA BAUMBERGER Ü blicherweise will man in einem Sessel sitzen, vielleicht auch lümmeln oder fläzen, aber doch bitteschön nicht aufstehen. Erstens ist das nicht ungefährlich und wird deshalb den meisten Kindern streng (aber, wie praktische Erfahrungen zeigen, meist erfolglos) verboten und zweitens kann, wer lieber steht, auf einen Sessel getrost verzichten. All das hielt ich für selbstverständlich, bis mir in einem Werbeprospekt ein „Aufstehsessel“offeriert wurde. Sogleich fühlte ich mich an die „Dunkelstrahler“, „Leisesprecher“und „Rennschnecken“erinnert, die neulich an dieser Stelle Thema waren. Zu meiner Verwunderung erlaubt es der Aufstehsessel jedoch durchaus, sich zu setzen. Nur, wenn man genug hat vom Sitzen, hilft einem dieses famose Möbelstück, sich auch wieder aus seinen Untiefen zu erheben. Leider ging aus dem Prospekt nicht hervor, ob der Sessel für Menschen wie mich, die, sobald sie sitzen, nicht so schnell ans Aufstehen denken, auch mit speziellen Sensoren versehen ist: Hätten sie beispielsweise die Bügelwäsche im Arbeitszimmer und meine Zuständigkeit dafür erkannt, würde mich der Sessel sofort nachdrücklich aus sich hinausbefördern. Auch ein Soundmodul wäre denkbar, das Kommentare abgibt wie „Tu endlich was!“, „Wolltest du nicht noch Sport machen?“oder Ähnliches.
Ich fürchte allerdings, dass ich den Aufstehsessel innerhalb kürzester Zeit zum Davonlaufen fände – und ich ihn schnell wieder gegen einen ganz herkömmlichen Sitz-Sessel eintauschen würde.