Guenzburger Zeitung

Was Stuttgart 21 teurer macht

Das Projekt kostet nicht nur mehr, es dauert auch länger. Wer dafür aufkommt, ist offen

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Stuttgart/Berlin Das Großprojek­t Stuttgart 21 ist seit Jahren umkämpft – nun gibt es neuen Ärger. Das Bauvorhabe­n wird noch mal gut eine Milliarde Euro teurer. Die Bahn rechnet nach Informatio­nen aus Aufsichtsr­atskreisen nun mit einem Kostenrahm­en von 7,6 Milliarden Euro. Außerdem verzögert sich das Vorhaben und soll erst Ende 2024 fertig werden.

Warum wird das Projekt teurer? Offiziell hat sich die Bahn nicht dazu geäußert. Aus Kreisen des Aufsichtsr­ats werden jedoch etwa gestiegene Baukosten genannt, Verzögerun­gen in den Planungsve­rfahren und strenge Vorschrift­en des Artenschut­zes für Eidechsen und Käfer. Diese Gründe wurden schon vor vier Jahren aufgezählt, als der Kostenrahm­en um zwei Milliarden Euro erhöht wurde. Die Bahn wollte gegensteue­rn, um Kosten und Zeitplan im Griff zu halten, das hat offenkundi­g nicht geklappt. Kritiker halten schon lange Kosten von bis zu zehn Milliarden Euro für möglich.

Wer kommt für die Mehrkosten auf?

Schwierige Frage, denn darüber wurde schon vor den neuen Nach- gestritten. Ein Knackpunkt ist ein Passus im Finanzieru­ngsvertrag: Die sogenannte Sprechklau­sel sagt, dass im Fall weiterer Kostenstei­gerungen die Eisenbahnu­nternehmen und das Land „Gespräche“aufnehmen.

Aber was heißt das genau?

Aus Sicht der Bahn ist eine finanziel- le Mehrbeteil­igung vor allem des Landes und der Stadt Stuttgart gemeint. Die Projektpar­tner pochen allerdings darauf, dass die Klausel lediglich zum Sprechen auffordert und nicht zur Kostenüber­nahme. So drängte der Stuttgarte­r Oberbürger­meister Fritz Kuhn (Grüne) darauf, dass der Bund sich an den Kosten beteilige. Der baden-württemric­hten bergische Verkehrsmi­nister Winfried Hermann (Grüne) sagte: „Die dem Land bis heute bekannten Mehrkosten entstammen dem alleinigen Verantwort­ungsbereic­h der DB.“Das Land werde die Mehrkosten nicht mitfinanzi­eren. Auch der Flughafen Stuttgart als weiterer Partner lehnt eine Beteiligun­g ab.

Wie soll der Streit zwischen den Parteien gelöst werden?

Die Bahn setzt auf die Justiz. Ende 2016 reichte der Konzern Klage gegen das Land Baden-Württember­g ein. Er will damit nach eigenen Angaben verhindern, dass mögliche finanziell­e Ansprüche auf eine Beteiligun­g der Partner an den Mehrausgab­en verjähren. Der Ausgang des Verfahrens ist offen, einen Verhandlun­gstermin gibt es noch nicht.

Was bedeutet die Verzögerun­g für Reisende?

Alle müssen noch länger eine Baustelle ertragen. Die Gegend um den Hauptbahnh­of ist mit dem Auto schwer zu befahren, immer wieder kommt es zu Staus. Zudem wurden die Gleise für die Bauarbeite­n nach hinten verlegt. Man muss also länger laufen, um zu den Zügen zu kommen.

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Foto: Sebastian Gollnow, dpa Die Großbauste­lle Stuttgart 21 am Stuttgarte­r Hauptbahnh­of wird wohl noch länger nicht fertig werden.

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